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Glaubenskämpfe: Religion und Gewalt im katholischen Europa, 1848-1914

Antragstellerin Dr. Eveline G. Bouwers
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2013 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 234640432
 
Das Interesse an Gewaltanwendungen, mit denen der Platz von Religion in der modernen Welt ausgehandelt wird, hat durch den jüngsten Terrorismus zugenommen. Wissenschaftler haben behauptet, dass diese Gewalt monotheistischen Religionen zu Eigen sei, ein Opfer darstelle, um größerem Leiden zu entgehen, sowie eine Reaktion auf Säkularisierung oder eine politische Konstruktion darstelle, welche den Aufbau des modernen Staates legitimiere. Bisher wurden diese Theorien kaum historisch kontextualisiert. Im Falle Europas erklärten Historiker stattdessen, dass der Westphälische Friede (1648) eine Ära beendete, in der Glaube Gewalt auslöste. Die Wahrheit ist eine andere. Auch wenn die frühneuzeitlichen Religionskriege kein Pendant im modernen Europa haben, spielte Gewalt eine wichtigere Rolle für die Neugestaltung von Religion im öffentlichen Leben des 19. Jahrhunderts als bislang angenommen. Wie Eliten auf wechselnde Kirche-Staat Beziehungen reagierten, ist bekannt. Aber wie Männer und Frauen ohne politische Macht in ihrem Alltag mit diesem Konflikt umgingen, blieb bisher unbetrachtet.Anhand von Beispielen aus West/Zentraleuropa, der Iberischen Halbinsel und dem westlichen Balkan – Regionen, die eine katholische Identität, ein ausgeprägtes Lokalbewusstsein, und einen Erbe napoleonischer Herrschaft teilten – leistet diese Emmy Noether Forschungsgruppe (ENFG) die erste systematische Analyse von Gewaltanwendungen durch Gläubige zur Verteidigung ihrer Religion im Europa des 19. Jahrhunderts. Zwischen den Revolutionen von 1848/9 und dem Ersten Weltkrieg konkurrierten Staat und Kirche um Einfluss über das Volk. Keine Gruppe war sich dessen bewusster als die der Katholiken, die zwischen Loyalität gegenüber dem (nationalen) Staat und der internationalen Kirche gefangen waren. Die ENFG untersucht, wie entrechtete Katholiken gegen die Versuche protestierten, die Rolle von Religion im öffentlichen Leben einzuschränken und fragt, wie sie auf Aktionen ihrer Gegner (Staat, Laizisten, andere religiösen Gruppe) reagierten. Ferner prüft sie, inwieweit Gewalt – sei es physisch, verbal oder visuell – zur Aushandlung von Dissens benutzt wurde. Die ENFG stellt die These auf, dass die Anwendung von Gewalt zur Verteidigung des Katholizismus weder den Fortschritt aufhielt noch Beweis einer gescheiterten Modernisierung war, aber die politische Beteiligung und das kulturelle Bewusstsein steigerte von denjenigen Bayern, Bretonen, Kroaten, Flamen und Portugiesen, die häufig als Nachhut der europäischen Gesellschaft im 19. Jahrhundert gesehen wurden.Zwischen 1848-1914 griffen religiöse, sozialwirtschaftliche, politische und regional/ethnische Konflikte zunehmend ineinander. Die ENFG fragt, wie beispielsweise ein starker Staat, Klassenspaltung, Multikonfessionalität und ethnische Vielfalt die Beziehung von Religion und Gewalt beeinflussten. Wann und wie benutzten Gläubige Gewalt um sich gegen Versuche zu wehren, den katholischen Einfluss in der modernen Welt zu begrenzen ? Welche Rolle spielten religiöse Elemente in europäischer Volksgewalt im 19. Jahrhundert? Indem sie Handlungen, Diskurse und Repräsentation von Gewalt betrachtet, untersucht die ENFG die soziale Dynamik und kulturelle Bedeutung von religiösem Protest. Sie fragt nach den Absichten, Legitimationen und Anlässen für Gewalt. Ebenso überprüft sie den soziokulturellen Hintergrund der Protestierenden und die Verflechtung von lokalen und transnationalen Konflikten. Damit erhellt die ENFG die Bedeutung von Religion für europäische Gewaltkulturen nach 1848, die Transformation des politischen Raums im 19. Jahrhundert sowie die Dynamik von Lokalzugehörigkeit in einer Ära wachsenden Nationalismus. Ihre Ergebnisse werden nicht nur Historiker interessieren sondern auch Sozial- und Geisteswissenschaftler im Allgemeinen.
DFG-Verfahren Emmy Noether-Nachwuchsgruppen
 
 

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