Mehrere Ebenen in der Interaktion zwischen einem Parasiten und seinem sozialen Wirt: direkte und indirekte Effekte auf Gruppenmitglieder und ihre soziale Abfederung
Biologie des Verhaltens und der Sinne
Ökologie und Biodiversität der Tiere und Ökosysteme, Organismische Interaktionen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Parasiten manipulieren ihre Wirte um ihre Übertragungs,- Überlebens-, oder Fortpflanzungsrate zu erhöhen. In vielen der bekannten und faszinierenden Beispiele von Wirtsmanipulation ist jedoch nicht direkt gezeigt worden, ob und wie der Parasit die Veränderungen im Phänotyp des Wirtes auslöst. In dieser Studie haben wir ein Wirt-Parasit System näher beleuchtet: die Ameise Temnothorax nylanderi dient als Zwischenwirt für den parasitischen Bandwurm Anomotaenia brevis. Wir konnten zeigen, dass parasitierte Arbeiterinnen deutlich länger leben als ihre gesunden Nestgenossen und sich in ihrer Langlebigkeit nicht von den Königinnen mehr unterscheiden. Experimente zeigen, dass infizierte Tiere weniger sensibel auf oxidativen Stress reagieren. Diese Veränderungen zugrunde liegen Abwandlungen in der Genexpression, wie eine Hochregulation von Langlebigkeitsgenen und insbesondere solchen, die helfen, oxidativen Stress abzufangen. Das reproduktive Potential von infizierten Arbeiterinnen ist hoch, da eine Wegnahme der Königinnen bei diesen Arbeiterinnen zu einer stärkeren Ovarentwicklung führte. Gene für Muskelaktivität waren jedoch weniger aktiv, was mit einer weniger ausgeprägten Muskelmasse einhergeht und die geringe Aktivität der infizierten Tiere erklärt. Das Verhalten infizierter Arbeiterinnen ist sehr verändert, so reagieren sie auf simulierte Attacken eines Endwirtes nicht mit Flucht. Diese Veränderungen in den Life History Merkmalen und Verhalten könnten für den Parasiten adaptiv sein, da so die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, dass Endwirte (Spechte) infizierte Arbeiterinnen fressen und so der Parasit seinen Lebenszyklus vollendet. Wie genau der Parasit die Genexpression des Wirtes und damit seinen Phänotyp verändert muss noch geklärt werden. Wir konnten jedoch zeigen, dass der Parasit massiv Proteine in den Wirt sekretiert, deren Funktion noch unklar ist. Der Einfluss des Parasiten erreichte nicht nur die infizierten Tiere selber, sondern wirkte sich auch auf die ganze Kolonie aus. Ihre Nestgenossen, ob Arbeiterinnen oder Königinnen zeigten in Folge der Anwesenheit infizierter Arbeiterinnen eine geringere Überlebensrate und Aggression. Weg- oder Zugabe von infizierten Arbeiterinnen steigert oder senkt die Aggression von Ameisenkolonien. Wir haben untersucht, ob eine Veränderung des chemischen Profils mit der Parasitierung diese Verhaltensänderungen erklären kann. Dies war jedoch nicht der Fall, so dass wir nun vermuten, dass der Parasit durch einen veränderten Phänotyp der infizierten Ameisen die Nestgenossen beeinflusst. Dies gelingt ihm auch im Hinblick auf die Versorgung infizierter Ameisen, die deutlich mehr soziale Fürsorge erfahren. Zusammenfassend hat unser Projekt tiefe Einblicke in Wege der Wirtsmanipulation ergeben und gezeigt, welche komplexe Auswirkungen eine Infektion auf eine sozialen Gemeinschaft haben kann. Der lange Arm des Parasiten reichte deutlich weiter als seine direkten Wirte. Folgeuntersuchungen insbesondere wie der Parasit in die Genregulation des Wirtes eingreift sind nun geplant.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2015) The parasite’s long arm: a tapeworm parasite induces behavioural changes in uninfected group members of its social host. Proceedings of the Royal Society B, 282: 1819
Beros S, Jongepier E, Hagemeier F, Foitzik S
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(2016) Gene expression patterns underlying parasite-induced alterations in host behavior and life history. Molecular Ecology, 25: 648-660
Feldmeyer B, Mazur J, Beros S, Lerp H, Binder H, Foitzik S
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(2017) What are the mechanisms behind a parasite-induced decline in nestmate recognition in ants? Journal of Chemical Ecology, 43:869-880
Beros S, Foitzik S, Menzel F