Vergangene und zukünftige Entwicklung der 3D Brewer-Dobson Zirkulation
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Rahmen des Projektes werden erstmals vergangene und zukünftige Änderungen der dreidimensionalen Brewer‐Dobson‐Zirkulation (3D BDC) untersucht, d.h. der zeitlich‐gemittelten Massenzirkulation der mittleren Atmosphäre (10‐100km), die üblicherweise nur im zonalen Mittel betrachtet wird. Die Untersuchungen beruhen auf Simulationen mit dem Erd‐System‐Modell MPI‐ESM‐MR (sogenannte CMIP5‐ Simulationen, Daten vom MPI‐Met, Hamburg, zur Verfügung gestellt), mit vorgegebener Ozeantemperatur für vergangene Dekaden (AMIP‐SST 1979‐2008), sowie mit schwach, moderat und stark ansteigenden Treibhausgasen (GHGs) für das 21. Jahrhundert (RCP2.6, RCP4.5, RCP8.5), die generell eine Erwärmung der Troposphäre (0‐10km) und Abkühlung der mittleren Atmosphäre verursachen. Zur Verifikation für die Höhengebiete der Stratosphäre (10‐50km) und Mesosphäre (50‐100km) verwenden wir ebenfalls Daten des Chemie‐ und Zirkulationsmodells HAMMONIA (ebenfalls MPI‐Met, Hamburg), ERA‐Interim Reanalysen (ECMWF, Reading), sowie 3D‐Windfelder für Höhen, in denen kaum direkte Windbeobachtungen vorliegen (≈ 30‐80km), und die im Rahmen des Projektes aus Aura‐MLS‐Satellitendaten hergeleitet wurden (Temperatur‐ und H2O‐Profile von der NASA zur Verfügung gestellt). Die 3D BDC wird dabei mit Hilfe der 3D residuellen Zirkulation auf Basis neuerer Formulierungen von Sato et al. (2013) untersucht. Die Resultate zeigen dass die 3D BDC der extra‐tropischen, winterlichen Nordhemisphäre eingebettet ist in die stratosphärischen stationären Wellen mit zonaler Wellenzahl 1 und 2, die sich üblicherweise als Primärkomponenten während des nördlichen Winters entwickeln, und die Ausbreitung von Schwerewellen in die Mesosphäre bestimmen. Für aktuelle Klimabedingungen finden wir demnach eine stark ausgeprägte Absinkbewegung im Gebiet des stratosphärischen Polarwirbels über Nordeuropa/West‐Sibirien, und eine zweite, weniger stark ausgeprägte Absinkbewegung über Nordamerika. Die Trendanalysen zeigen eine Verstärkung der stationären Welle 1 auf Kosten der Welle 2, und für die Absinkbewegung demnach eine Verstärkung im Gebiet des Polarwirbels und eine Abschwächung über Nordamerika. Legt man hier die Kontinuitätsgleichung für flächen‐gewichtete Massenflüsse zugrunde, so ist die maximale Verstärkung der Absinkbewegung von ~5% pro Dekade (für das moderate RCP4.5 Szenario) konsistent mit dem von Chemie‐Klimamodellen üblicherweise vorhergesagten Anstieg des aufwärts gerichteten Massenflusses über den Tropen (~2% pro Dekade). Dies ist ein neuer wichtiger Aspekt für aktuelle Forschungen, da die identifizierte lokale Änderung in der üblicherweise ermittelten zonal gemittelten BDC verdeckt bleibt. Eine wesentliche Rolle spielt hierbei die Änderung in der Modulation der extra‐tropischen Zirkulation durch die quasi‐zweijährige Oszillation (QBO) zwischen westlichen (QBO‐West) und östlichen (QBO‐Ost) Winden in der äquatorialen Stratosphäre, wobei der Wechsel von QBO‐West nach QBO‐Ost durch eine Verstärkung der Welle 1 auf Kosten der Welle 2 charakterisiert ist, verursacht durch eine Intensivierung von transienten Wellen und einer Abschwächung der stationären Westwinde über Nordamerika. Dies ist im Prinzip derselbe Prozess, der die langfristigen Änderungen der 3D BDC bewirkt, nur dass letzterer nicht durch die äquatoriale QBO sondern durch die strahlungsbedingte Abkühlung der Stratosphäre in niedrigen Breiten verursacht wird. Folglich sind die langfristigen Änderungen in höheren Breiten bei QBO‐West sehr viel stärker (teils um das Vierfache) als bei QBO‐Ost. Dieses bemerkenswerte Resultat öffnet eine neue Perspektive zum Verständnis der Trends in der mittleren Atmosphäre. Bei einer Verdopplung des Szenarios (von RCP4.5 auf RCP8.5) bleiben die Trendmuster nahezu erhalten, die Amplituden sowie die Schnelligkeit der Änderungen erhöhen sich jedoch um den Faktor 2. Weitere Analysen zeigen dass Änderungen im Auftreten von Stratosphärenerwärmungen die Trends erster Ordnung nicht beeinflussen. Lokale Trends in Spurengasen wie H2O werden über die Änderungen im 3D residuellen Transport bestimmt, wobei wir mit einer Separation der rotationellen und divergenten Komponenten die höhenabhängigen Beiträge zu den lokalen Trends in den Spurengasen aufschlüsseln können. Wir haben ebenfalls einen wichtigen vertikalen Kopplungsprozess identifiziert: die Intensivierung der Absinkbewegung im Polarwirbel verursacht eine Intensivierung bodennaher Hochdruckanomalien über Nordeuropa/Sibirien, die sich üblicherweise während der Wintermonate entwickeln, und großräumige Strömungen sowie die Klimabedingungen in der Region Nordwest‐Atlantik/Europa erheblich beeinflussen können.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2014), Upper air winds and circulation patterns derived from Aura/MLS satellite data, WCRP (World Climate Research Programme) – The Climate Symposium 2014, Darmstadt, 13‐17 Oct 2014
Gabriel, A. and H. Körnich
- (2015), The influence of the Quasibiennal Oscillation on the three‐dimensional Brewer‐Dobson circulation, 26th IUGG General Assembly, 22 June – 2 July 2015, Prag
Gabriel, A., H. Körnich and D. Demirhan‐Bari
- (2016), Long‐term changes in the middle atmosphere in relation to the QBO, SPARC‐QBOi Workshop, 26‐30 September 2016, Oxford, UK
Gabriel, A.
- (2016), Long‐term changes in the three‐dimensional Brewer‐Dobson circulation, SPARC‐Workshop "Stratospheric Change and its Role for Climate Prediction (SHARP)", 16‐19 February 2016, Berlin
Gabriel, A.
- (2016), Long‐term trends in the middle atmosphere in relation to the Quasibiennal Oscillation, 9th IAGA ‐ ICMA/IAMAS ‐ ROSMIC/VarSITI/SCOSTEP workshop on 'Long‐Term Changes and Trends in the Atmosphere', IAP Kühlungsborn, 19‐23 September 2016
Gabriel, A.
- (2017), Temperature trends in the northern mid‐winter middle atmosphere in relation to the QBO, EGU General Assembly 2017, Vienna, Austria, 23‐28 April 2017
Gabriel, A.