High times in the Himalaya: Ground beetle phylogeography as a tool to unravel the Himalayan-Tibetan orogenesis
Final Report Abstract
Im Projektverlauf ergaben sich folgende wesentliche Ergebnisse: 1. Die Kenntnisse über Vorkommen, Verbreitung, Temperaturareal (Vertikalareal) und Habitatbindung von Arten und Entwicklungslinien angepasster, endemischer Hochgebirgsarten im HTO wurde im Projektzeitraum wesentlich verbessert. Im Projektzeitraum sind 15 Artengruppen-Revisionen erstellt und über 100 Arten neu beschrieben worden. Diese liefern die Grundlagendaten für die weitergehenden biogeographischen, phylogeographischen und paläoökologischen Fragestellungen. 2. Massenerhebungseffekt und Leeeffekt haben erhebliche Auswirkungen auf die vertikale Verbreitung von Bodenarthropoden im HTO und damit vermutlich auch auf die gesamte Fauna der Region. Die alpine Bodenfauna unterliegt einer Anhebung des Vertikalareals um etwa 800 m vom Hohen Himalaya zum Transhimalaya entgegen dem latitudinalen Trend, wobei sich der größte Teil dieses Anstiegs bereits von der Süd- zur Nordabdachung des Himalaya vollzieht. Da beide Phänomene an die Aufragung und Ausdehnung des Orogens quantitativ unmittelbar gekoppelt sind, waren die Effekte zu verschiedenen Zeitpunkten bzw. Entwicklungsschritten in der Gebirgsbildung entsprechend unterschiedlich. Dies muss zukünftig bei paläo-biogeographischen Studien berücksichtigt werden. Wir sind überzeugt, dass es in früheren Arbeiten zu Fehleinschätzungen hinsichtlich Paläohöhen im HTO kam. 3. Die Kenntnisse über die Paläontologie der Laufkäfer wurden entscheidend verbessert und es wurden die methodischen Grundlagen für zukünftige morphologische und phylogenetische Untersuchungen am Fossilbestand dieser Gruppe gelegt. Weltweit erstmals ist es gelungen, interne Genitalstrukturen winziger fossiler Bernstein-Käfer detailliert zu visualisieren. Dies ist entscheidende Voraussetzung für die Einordnung von Fossilien in bestimmte Entwicklungslinien rezenter, megadiverse Artengruppen, deren einzelne Linien zumeist nicht über Synapomorphien im externalen morphologischen Merkmalsbestand sondern stattdessen über eine Vielzahl von Homoplasien verfügen. 4. Im Projektzeitraum konnten sechs Entwicklungslinien der Laufkäfer, die auch im HTO artenreich vertreten sind, durch Fossilien im Baltischen Bernstein (40-50 Millionen Jahre) eindeutig identifiziert werden. Für die Identifikation und detaillierten Diagnose weiterer Artengruppen sind die Grundlagen gelegt worden, so dass diese Arbeiten nun zügig zum Abschluss kommen können. Diese Ergebnisse liefern zu ersten Mal die Möglichkeit zur Datierung der Phylogenien auf Basis von Innengruppen-Fossilnachweisen, wodurch sich die Genauigkeit der zu erwartenden Ergebnisse in zukünftigen phylogeographischen Arbeiten erheblich verbessern wird. 5. Für die im HTO mit vielen endemischen Linien weit verbreitete Gattung Carabus haben wir einen früheren Datierungsansatz aus der Literatur, der z.T. auf biogeographisch-ökologischen Fehlinterpretationen beruhte, revidiert. Auf diese Weise haben wir eine deutlich verbesserte Datierungsgrundlage für diese Gattung produziert, die aufgrund des guten Taxon- und DNA-Samplings sowie mehrerer biogeographischer Besonderheiten im Untersuchungsraum zunächst als vorrangig für die Klärung der anstehenden Fragestellungen abgearbeitet wurde. Wir konnten u.a. zeigen, dass Carabus bereits im Eozän evolvierte und nicht wie von früheren Autoren angenommen, erst im Oligozän-Miozän. Damit wurde diese Gruppe für unsere Aufgabenstellung erst relevant. Diese Arbeit befindet sich derzeit noch im Review-Prozess. 6. Aufgrund einer erst in allerjüngster Zeit in Science erschienenen phylogeographischen Arbeit über Blütenpflanzen des HTO mit Fokus auf die Entwicklung alpiner Lebensräume mussten wir uns auch hier zunächst um phylogenetische und ökologische Klarstellung der Sachverhalte bemühen, damit diese Arbeiten nicht unsere eigenen Ergebnisse konterkarieren. So zeigen wir in einem bei Science eingereichten Rebuttal Letter, dass die Einschätzung der oligozänen Entwicklung alpiner Floren durch Ding und Koautoren (2020) auf ökologische Fehlinterpretationen in den verwendeten Taxa beruhen. Auch diese Arbeit befindet sich derzeit noch im Review-Prozess. 7. Für die Gattung Carabus haben wir einen umfassend gestützten multigenbasierten Stammbaum generiert, welcher alle Entwicklungslinien der megadiversen Gruppe umfasst, alle im Himalaya und auf dem Tibetischen Plateau endemischen Linien und alle Arten der besonders diversen Untergattung Meganebrius. Basierend auf den Ergebnis der Datierungsrevision (Punkt 5) können wir nun die raum-zeitliche Diversifizierung von Carabus im HTO nachvollziehen und Ableitungen für die paläoökologische Entwicklung des HTO treffen (Punkt 8). 8. Die vorhergehenden Ergebnisse bzw. Arbeitspunkte ermöglichten uns die Entwicklung eines Laufkäfer-basierten raum-zeitlichen Models für die Evolution temperater und alpiner Lebensräume im HTO. Entscheidende neue Ergebnisse unserer Studie sind a) die hohe Wahrscheinlichkeit, dass Tibet nicht als Plateau angehoben wurde, stattdessen mindestens bis ins mittlere Miozän eine hohe Reliefdynamik aufwies bei großflächiger Existenz temperater Lebensräume auch in den zentralen Teilen, b) dass es zu einer signifikanten Gebirgshebung zunächst in weitläufig separierten Arealen des HTO kam, und zwar etwa zeitgleich am zentralen südlichen Rand und am östlichen Rand, c) dass sich alpine Lebensräume erst im oberen Miozän herausgebildet haben, dies etwa zeitgleich im Himalaya als auch auf dem Tibetischen Plateau und d) dass der heutige Charakter eines zusammenhängenden alpinen Tibet-Qinghai Plateaus vermutlich erst im Verlauf des Quartärs entstand.
Publications
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