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GRK 2015:  Life Sciences, Life Writing: Grenzerfahrungen menschlichen Lebens zwischen biomedizinischer Erklärung und lebensweltlicher Erfahrung

Fachliche Zuordnung Geschichtswissenschaften
Förderung Förderung von 2014 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 244248598
 
Die Einbettung des Menschen in einen soziokulturellen Kontext einerseits und in eine Sphäre der Materialität andererseits hat in historischer Perspektive die Differenzierung der Wissenschaften in Natur- und Geisteswissenschaften, später die Lebenswissenschaften, und nun auch die Sozial und Kulturwissenschaften beflügelt. In der menschlichen Alltagserfahrung tritt die die Deutungsmacht der Lebenswissenschaften und die soziale Reichweite naturwissenschaftlicher Erklärungsmodelle in oft existentieller Weise hervor. Gleichzeitig wird die klinische Praxis dem Ideal lebenswissenschaftlich rationalen, evidenzbasierten Problemlösens unterworfen. Parallel zu dieser Entwicklung findet sich in den Geistes- und Kulturwissenschaften seit der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts interessanter Weise eine Hinwendung zum Subjekt und seiner vielfältigen Zugänge zur Welt. Dabei haben durch neue Möglichkeiten der Biomedizin hervorgebrachte Grenzerfahrungen menschlichen Lebens die Geistes- und Kulturwissenschaften in besonderer Weise dazu angeregt, ihrerseits komplementäre Zugangsweisen zu diesen Grenzerfahrungen zu erschließen. Die Betonung von Gegensätzen, Inkommensurabilitäten und Dichotomien konkurrierender Perspektiven auf den Menschen in Geistes- und Kulturwissenschaften einerseits und Lebenswissenschaften andererseits verstärkt interessanter Weise noch die Wahrnehmung, dass Lebenswissenschaften und Biomedizin grundlegende und selbstverständliche Bestandteile lebensweltlicher Erfahrung sind. Zur Überwindung dieser Dichotomie ist es notwendig, sowohl Modelle und Praktiken der Lebenswissenschaften und der Biomedizin als auch lebensweltliche Erfahrungen aus geisteswissenschaftlicher Perspektive als Narrative zu verstehen, um einen gemeinsamen methodischen Zugang zu finden. Wie die bisherige Arbeit gezeigt hat, müssen Grenzerfahrungen menschlichen Lebens – im Hinblick auf die Bereiche Zeitlichkeit, Körperlichkeit, und Fähigkeiten - auf der Ebene der Lebenswelt in sehr viel grundlegenderer Form als bisher angenommen als durch professionelle biomedizinische und lebenswissenschaftliche Narrative moduliert verstanden werden. Ein verstärktes Augenmerk soll deshalb auf die Rolle von Narrativen als epistemische Begegnungsorte und die historisch gewachsenen und aktuell wirksamen Kontexte gelegt werden, in denen Biomedizin und Lebenswissenschaften eine nachhaltige und durchgreifende Wirkung für die Deutung der Lebenswelt und die Konstruktion von Sinn erhalten haben. Gleichzeitig soll unter-sucht werden, auf welche Weise Narrative um transformative Bedeutung konkurrieren, das heißt um mögliche Dominanz bei der Veränderung der erlebten und geteilten „Wirklichkeit“ durch diskursive Praktiken sowohl auf der Ebene individueller Biographien, aber insbesondere auch auf der Ebene kollektiver Grenzerfahrungen.
DFG-Verfahren Graduiertenkollegs
Antragstellende Institution Johannes Gutenberg-Universität Mainz
 
 

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