Detailseite
Projekt Druckansicht

Messplatz für epigenetische Analysen

Fachliche Zuordnung Neurowissenschaften
Förderung Förderung in 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 249612555
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die funktionelle Reifung neuronaler Netzwerke in präfrontalen und limbischen Gehirnarealen vollzieht sich über komplexe, aufeinander abgestimmte Interaktionen zwischen genetischen Faktoren und durch Umwelteinflüsse induzierte epigenetische Mechanismen. Perinatale (prä- und postnatale Stresserfahrungen) können diese neuronalen Entwicklungsprozesse negative beeinflussen und damit die Gehirnfunktionen und damit auch die Verhaltensentwicklung in eine pathologische Richtung lenken, und stellen somit Risikofaktoren für die Entwicklung psychischer Störungen wie Depression und Angsterkrankungen dar. Es gibt inzwischen verlässliche Hinweise, dass diese gehirnbiologischen Veränderungen über erfahrungsinduzierte epigenetische “Reprogrammierung” vermittelt werden. Die Anschaffung des Messplatzes für epigenetische Untersuchungen ermöglicht uns zu untersuchen, inwieweit trauma-induzierte epigenetische Veränderungen (Histonmodifikationen, DNA-Methylierung) a) zu einer verstärkten Stressvulnerabilität oder b) zur Resilienz führen, c) inwieweit traumainduzierte epigenetische Veränderungen geschlechtsspezifische Unterschiede zeigen und d) in welcher Weise solche epigenetisch erworbenen Eigenschaften inter- und transgenerational an die Nachkommen weitergegeben werden. An einem “milden” neonatalen Stressmodell wurde die Hypothese geprüft, dass milder frühkindlicher Stress zu einer veränderten (verminderten/ gedämpften) Emotionalität führt, die durch eine gedämpfte dopaminerge Modulation in präfrontalen-limbischen Schaltkreisen verursacht wird. Tatsächlich konnten wir nachweisen, dass die Expression der dopaminregulierten phosphoprotein phosphatase-1 regulatory subunit 1B (PPP1R1B) im Hippocampus (HC) erniedrigt ist. Durch Chromatin-Immun-Präzipitation konnten wir nachweisen, dass dies mit einer spezifischen Histonmodifakation im Promotorbereich des Ppp1r1b Gens assoziiert ist. Weiterhin konnten wir zeigen, dass „milder“ Stress die Expression des dopaminergen D1 Rezeptors (DRD1) im Hippocampus erhöht. An einem chronischen neonatalen Stressmodell wurde die Hypothese geprüft, dass länger anhaltender frühkindlicher Stress und chronische Sozialdeprivation zu einer veränderten (verminderten/gedämpften?) Emotionalität führt, die u.a. auf einer verminderten Funktion des neuroendokrinen Oxytocin (OXT) Systems basiert. Es konnten regionsspezifische Veränderungen in der Genexpression des Oxytocinrezeptors (OxtR) nachgewiesen werden: Im Hippocampus der weiblichen gestressten Tiere kam es zu einer erhöhten, im Präfrontalcortex (PFC) jedoch zu einer verminderten Genexpression im Vergleich zu den Kontrolltieren. In weiterführenden Untersuchungen wurde analysiert, ob die Veränderung der Genexpression im HC und PFC auf epigenetischen Veränderungen beruht. Es zeigte sich eine für die Promotorregion des OxtR spezifische Erhöhung der H3-Acetylierung, was darauf hinweist, dass die erhöhte Expression des OxtR tatsächlich epigenetisch reguliert wird. Zusätzlich wurde die DNA-Methylierung des OXT-Promotors analysiert, die im Hippocampus keine signifikante Veränderung zeigte. Im Gegensatz dazu konnte jedoch im Präfrontalcortex eine CpG-site-spezifische Erhöhung der Methylierung nachgewiesen werden, was darauf hinweist, dass die verringerte Genexpression in diesem Gebiet ebenfalls epigenetisch reguliert wird, hier jedoch im Gegensatz zum Hippocampus auf Ebene der DNA-Methylierung. „Multiple hit“ Modell: Hier wurde die Hypothese geprüft, dass frühkindlich traumatisierte Tiere gegenüber einer weiteren Stresserfahrung im frühen Adultalter („forced swimming“) „sensibilisiert“ sind. Hierbei zeigte sich, dass frühkindliche Stresserfahrung und der zweite Stressor „interagieren“ und in spezifischen Veränderungen der OxtR- und AVPR1a Expression resultieren. Zusammengefasst zeigen die Befunde dieser Studie erstmals, dass a) frühe Traumatisierung zu hirnregionsspezifischen Veränderungen der Expression spezifischer, stress- und bindungsrelevanter Gene im Gehirn führt; b) die frühe Traumatisierung zu einer bis ins späte Erwachsenenalter anhaltenden veränderten epigenetischen „Reagibilität“ des Gehirns gegenüber Stressoren im späteren Lebensverlauf führt; und c) als methodischer wichtiger „Nebenbefund“, dass Verhaltensexperimente, insbesondere solche, die mit Stress verbunden sind, das Gehirn des Tieres verändern. Aufbauend auf diesen Befunden wird jetzt untersucht, in welcher Weise diese stressinduzierten Veränderungen der Rezeptorexpression über epigenetische Mechanismen reguliert werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2013) Early life stress-induced histone acetylations correlate with activation of the synaptic plasticity genes Arc and Egr1 in the mouse hippocampus. J Neurochem. 125:457-464
    Xie L, Korkmaz K, Braun K, Bock J
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1111/jnc.12210)
  • (2014) Paternal influences on offspring development: Behavioural and epigenetic pathways. J Neuroendocrinol.10:697-706
    Braun K, Champagne FA
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1111/jne.12174)
  • (2014) Perinatal programming of emotional brain circuits: An integrative view from systems to molecules. Frontiers in Neuroscience 8: 1-16
    Bock J, Rether K, Gröger N, Xie L, Braun K
    (Siehe online unter https://doi.org/10.3389/fnins.2014.00011)
  • (2014) Transgenerational sex-specific impact of preconception stress on the development of dendritic spines and dendritic length in the medial prefrontal cortex. Brain Struct Funct 221:855-863
    Bock J, Poeschel J, Schindler J, Börner F, Shachar-Dadon A, Ferdman N, Gaisler- Solomon I, Leshem M, Braun K, Poeggel G
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s00429-014-0940-4)
  • (2016) Chronic early-life stress induces depressive-like behavior in male mice and programs second-hit stress-induced gene expression patterns of OxtR and AvpR1a in adulthood. Mol Neurobiol. Aug 15
    Lesse A, Rether K; Gröger N; Braun K; Bock, J
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s12035-016-0043-8)
  • (2016) Stress in utero alters neonatal stress-induced regulation of the synaptic plasticity proteins Arc and Egr1 in a sex-specific manner. Brain Struct Funct. 221:679-685
    Gröger N, Bock J, Goehler D, Blume N, Lisson N, Poeggel G, Braun K
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s00429-014-0889-3)
  • (2016) The transgenerational transmission of childhood adversity: Behavioral, cellular and epigenetic correlates. J Neural Transm 123(9):1037-1052
    Gröger, N, Matas E, Gos T, Lesse A, Poeggel G, Braun K, Bock J
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s00702-016-1570-1)
  • (2017) Experience-induced transgenerational (re-)programming of neuronal structure and functions: Impact of stress prior and during pregnancy. Neurosci Biobehav Rev.
    Braun K, Bock J, Wainstock T, Matas E, Gaisler-Salomon I, Fegert J, Ziegenhain U, Segal M
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.neubiorev.2017.05.021)
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung