Forschungen über die rechtlichen Grundlagen der römischen Außenbeziehungen und ihre historische Entwicklung (6. bis 1 Jh. v.Chr.)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Rom betrieb während der Republik und in der Zeit des Prinzipats seine Außenbeziehungen nicht nach den Kategorien des modernen Völkerrechts, das von grundsätzlich gleichberechtigten und souveränen Völkerrechtssubjekten ausgeht, sondern nach dem Modell der asymmetrischen Inklusion. Zunächst wurden einzelne „Fremde“ in die hierarchisch strukturierte Rechts- und Sozialordnung der Stadt Rom eingebunden und später in Gemeinwesen organisierte „Fremde“ in die nun als überregional gültig gedachte „ständisch“ verfasste römische Rechts- und Sozialordnung. Der Begriff amicitia und die Wortverbindung amicitia et societas waren – wie auch die Wörter pactio, sponsio und foedus – die Benennungen für eine vom Senat und/oder vom Magistrat, auf Anfrage entweder einer Einzelperson oder eines fremden Gemeinwesens, förmlich herbeigeführte und vertragliche Verbindung mit Rom. Der Gegenstand des Vertrages war die individuelle oder kollektive Gewährung eines Personenstandes in der römischen Rechts- und Sozialordnung, womit von Seiten Roms zugleich für die so ausgestatteten Einzelpersonen und Personengruppen die Rechtssicherheit, die Besitzgarantie und der rechtliche status quo im wechselseitigen Verkehr garantiert wurde. Im Fall der amicitia et societas wurde im Unterschied zur „bloßen“ amicitia der beschriebene Vertragsgegenstand durch die prinzipielle politische Bereitschaft der Vertragspartner zu gegenseitiger militärischer Hilfeleistung erweitert, und dies ohne dass der Abschluss eines foedus mit der Vereinbarung der amicitia et societas notwendigerweise einhergehen musste. Begegnet in der Quellendokumentation der Begriff societas alleinstehend, dann ist dies der verkürzte Ausdruck für das zugrundeliegende Verhältnis der amicitia et societas. Die Vereinbarung der amicitia oder amicitia et societas ist in der politischen Praxis Roms die zeremonielle Grundvoraussetzung für jede weitere Regulierung des Verhältnisses Roms zu fremden Gemeinwesen, die durch die Kombination der amicitia und amicitia et societas mit anderen Formen des intergesellschaftlichen Vertrages (pactum, sponsio, foedus) ausgestaltet wird, wobei die Kombination der zur Verfügung stehenden Varianten des förmlichen Vertrages im Einzelfall auch den sozialen Status der Einzelperson oder des kontrahierenden Gemeinwesens in der „ständischen“ Hierarchie der römischen Sozialordnung bestimmt. Die skizzierte Deutung zur rechtlichen Form und zum rechtlichen Inhalt der amicitia und amicitia et societas befindet sich in mehrfacher Hinsicht im Widerspruch zu der heute gültigen und von Alfred Heuss (1933) begründeten communis opinio, wonach der Begriff amicitia prinzipiell ein formlos und vertragslos herbeigeführtes „zwischenstaatliches“ Verhältnis bezeichne, das den bloßen Friedenszustand, den diplomatischen Kontakt und die politisch unverbindlichen formellen guten Beziehungen fremder Gemeinwesen mit Rom benennt. Erstens unterscheidet die vorgestellte Deutung zwischen der amicitia und der amicitia et societas, und sie erkennt zweitens im Begriff societas lediglich einen verkürzten Ausdruck der Quellendokumentation für das Verhältnis der amicitia et societas. Drittens hält die vorgetragene Interpretation beide Begriffe für Benennungen eigener Varianten des förmlichen Vertrages, die viertens gleichermaßen mit konkreten rechtlichen Inhalten des intergesellschaftlichen Personenverkehrs verbunden waren.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Forschungen über die rechtlichen Grundlagen der römischen Außenbeziehungen während der Republik bis zum Beginn des Prinzipats. IV. Teil: Der Unterschied zwischen den civitates foederatae und den civitates liberae. Der Personenstand einer Bürgerschaft und der Gemeindestatus, Göttinger Forum für Altertumswissenschaft 17 (2014) 131-180
Zack, A.
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Forschungen über die rechtlichen Grundlagen der römischen Außenbeziehungen während der Republik bis zum Beginn des Prinzipats. V. Teil: Das Ius Italicum und die kaiserzeitliche Befreiung des provinzialen Grundbesitzes von der Besteuerung: eine Kritik der Deutung von Friedrich Carl von Savigny, Göttinger Forum für Altertumswissenschaft 17 (2014) 247-308
Zack, A.
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Forschungen über die rechtlichen Grundlagen der römischen Außenbeziehungen während der Republik bis zum Beginn des Prinzipats. VI. Teil: Die juristische Form und der rechtliche Gehalt der intergesellschaftlichen amicitia und amicitia et societas mit Rom. Erster Abschnitt: die Begrifflichkeit und die aus ihr zu erschließende Systematik der rechtlichen Formen, Göttinger Forum für Altertumswissenschaft 18 (2015) 27-83
Zack, A.
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Forschungen über die rechtlichen Grundlagen der römischen Außenbeziehungen während der Republik bis zum Beginn des Prinzipats. VII. Teil: Die juristische Form und der rechtliche Gehalt der intergesellschaftlichen amicitia und amicitia et societas mit Rom. Zweiter Abschnitt: die „Urkundenhandlung“ der Dokumente, Göttinger Forum für Altertumswissenschaft 18 (2015) 115-178
Zack, A.
