Im Forschungsprojekt „Global Financial Markets and Global Financial Class“ wurde in vergleichender Weise untersucht, ob und in welcher Weise sich auf den globalen Finanzmärkten eine neue soziale Klasse bildet, die sich aus dem Investmentbanking, der Finanzanalyse und dem Börsenhandel rekrutiert. Im Mittelpunkt der Analyse standen die professionellen Praktiken, die Karrierestrukturen und kulturellen Muster von Financial Professionals, die im Ergebnis zu einer geteilten Weltsicht und einem gemeinsamen Habitus führen. Methodisch beruhte die Studie auf Interviews mit Finanzmarktakteuren und einer vergleichenden Ethnographie der zentralen Finanzplätze in Deutschland und Australien, die zwar manche Unterschiede, aber auch zahlreiche typische Gemeinsamkeiten aufweisen. Anders als in der konventionellen Sozialstruktur- und Elitenforschung, in der Klassenbildung hauptsächlich aus einer ungleichen ökonomischen Verteilung erklärt wird, stellte unsere Analyse auf die dynamischen sozialen Prozesse ab, die dem Handeln auf globalen Finanzmärkten zugrunde liegen. Die Notwendigkeit der sozialen Einbettung auch einer abstrakten Branche wie der internationalen Finanzindustrie lässt gemeinsame Formen ökonomischen, kulturellen und sozialen Kapitals entstehen, welche die Herausbildung einer globalen Finanzklasse begründen. Deren Mitglieder weisen untereinander so viele Ähnlichkeiten auf wie sie sich von anderen Gesellschaftsklassen unterscheiden. Typisch ist neben den üblichen Statussymbolen ein demonstrativer Gestus von kultureller Offenheit, Diversität, Weltläufigkeit und Toleranz, in dem sich eine kosmopolitische Selbstdarstellung mit dem ökonomischen Interesse an der finanziellen In-Wert-Setzung möglichst vieler Lebensbereiche verbindet. Expansive Geschäftspraktiken und kulturelle Vereinnahmung stehen in einem engen Zusammenhang. Ein neuer Modus sozialer Grenzziehung wird sichtbar, der nicht wenig paradox erscheint: Exklusivität durch Einschluss, Abschottung durch Öffnung.