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Blut und Wein. Die Frage nach der Eucharistie im Johannesevangelium

Fachliche Zuordnung Evangelische Theologie
Förderung Förderung in 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 252971419
 
In kritischer Auseinandersetzung mit der traditionellen Forschungsfrage nach eucharistischen Bezügen im JohEv untersucht die Studie mit einem multimethodischen Ansatz, der historisch-kritische, narratologische und linguistische sowie metaphern-theoretische Ansätze integriert, die Bedeutung von Wein und Blut im Johannesevangelium und deren relationales Verhältnis. Dabei werden neuere Ergebnisse der ritual- und sozialgeschichtlichen Forschung zur frühchristlichen Mahlpraxis, welche die Perspektive auf traditionell als „Abendmahlstexte“ wahrgenommene Perikopen verändert haben, für die Johannesexegese fruchtbar gemacht.Die Semantik von Wein und Blut ist in der Antike vielschichtig, wobei die in der Forschung häufig vertretene Annahme, in der Antike seien Wein und Blut v. a. über die rote Farbe in eine besondere semantische Nähe gerückt, sich angesichts des Quellenbefundes nicht halten lässt. Dies wird auch an den sog. ‚Becherworten‘ in den Erzählungen vom letzten Abendmahl Jesu deutlich, die jeweils deutliche Unterschiede aufweisen und denen in ihrem Kontext jeweils unterschiedliche Bedeutungen zukommen und die jeweils erzählten rituellen Handlungen Jesu deuten.Die exegetische Untersuchung der johanneischen Einzeltexte hat ergeben, dass an der sprachschöpferischen Kraft des Verfassers des JohEv jedes monolineare traditionsgeschichtliche Ableitungsmodell an eine Grenze kommt. Die Motivik von Wein und von Blut partizipiert in je unterschiedlicher Weise an der vielfältigen und komplexen Bildsprache im JohEv. Wein, Blut und das Motiv vom Trinken des Blutes Jesu sind nicht einfach als Quasi-Synonyme zu verstehen, sondern weisen jeweils ihre eigenen Bedeutungszusammenhänge und -konnotationen auf. Das Weinwunder in Joh 2 veranschaulicht im Kontext des Verweises auf die Theophanie am Sinai die in Joh 1 eher abstrakt erzählte Inkarnation des logos. Das plastische und verständliche Weinwundermotiv war in der hellenistischen Welt (literarisch, ikonographisch und in Ritualen) weit verbreitet und mit der Epiphanie des Dionysos verbunden. Im Kontext der johanneischen Fülle und Familienmotivik verweist es auf die für die neue familia dei gespendete Lebensfülle. Die Motive vom Trinken des Blutes Jesu und vom Essen/Kauen seines Fleisches in 6,51e–58 können plausibel innerhalb des in Joh 6 entfalteten metaphorischen Netzwerkes verstanden werden, dem die konzeptuelle Metapher ESSEN/TRINKEN IST ANNAHME VON LEHRE zugrunde liegt. Der Verfasser hat diese schon im Markusevangelium zu findende Metaphorik im Hinblick auf seine pragmatischen Ziele in kreativer und innovativer Weise in sein eigenes narrativ-theologisches Konzept integriert. Sowohl das Brot als auch das Fleisch und Blut stehen für den inkarnierten logos, der in Form seiner Lehre essbar und trinkbar ist. Die Motive vom Trinken des Blutes Jesu und vom Essen/Kauen seines Fleisches in Joh 6,53–58 drücken metaphorisch aus, dass das Fleisch und Blut gewordene Wort, getrunken und gegessen, ja sogar gekaut, also vollständig inkorporiert und angenommen werden muss, um das ewige Leben zu erlangen. Die Bildrede vom wahren Weinstock in 15,1 ff. kondensiert in besonderer Weise zentrale Themen der johanneischen Abschiedsrede und bietet in einem Symposienkontext ein Bild, das ähnlich wie die Brot- /Leibmetaphorik in 1 Kor 12,12–27 funktioniert. Christus ist in seiner Abwesenheit als Weinstock anwesend. Während das Blut in der Kreuzigungsszene (19,34) durch die pascha-Verweise Jesu Einsatz seines Lebens, der im Kreuzestod gipfelt, als die Gemeinschaft der Jünger bewahrend und schützend interpretiert, während das Wasser die Übergabe des Heiligen Geistes an die Jünger repräsentiert.Das Verhältnisses der Motivik von Wein und der Motivik von Blut im JohEv zur rituellen Ebene der frühchristlichen Mahlpraxis kann insofern neu bestimmt werden, als der Text des JohEv in seiner altkirchlichen Rezeption ritualprägend und eben nicht ein angenommenes Eucharistieritual textprägend war. Für aktuelle theologische Debatten um das Abendmahl wäre weiterführend zu diskutieren, ob nicht die identifizierte konzeptuelle Metaphorik des Essens und Trinkens für die Annahme von Lehre in Joh 6, die bisher zu einem großem Teil von der ‚eucharistischen‘ Diskussion verdeckt war, mögliche Implikationen für die Abendmahlstheologie haben könnte, und zwar insofern, als die Elemente im Abendmahl als Materialisierung der Metaphern in Joh 6 verstanden werden könnten.
DFG-Verfahren Publikationsbeihilfen
 
 

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