Im Untersuchungsprojekt wurde ein wissenschaftshistorischer Vergleich zwischen Studien aus der amerikanischen social demography und der 'sozialwissenschaftlichen Bevölkerungsforschung' in Deutschland angestrebt. Die Gegenüberstellung von deutscher und amerikanischer Sozialdemographie sollte der Erforschung der unterschiedlichen Abbildung sozialer Ungleichheit / sozialer Mobilität in den Bevölkerungswissenschaften im internationalen Vergleich dienen. Diese Fragestellung wurde im Verlaufe der Untersuchung mit der Thematik „(soziale) Integration" in den (sozial)demographischen Studien zwischen 1930 und 1960 verknüpft und spezifiziert. In beiden Ländern erweist sich die Behandlung von „räumlicher Nähe / Distanz" zwischen sozial heterogen zusammen gesetzten Bevölkerungsmengen als ein zentraler Zugang sozial-demographischer Untersuchungen. Trotz der grundsätzlichen Einbettung zahlreicher amerikanischer Arbeiten der Sozialdemographie in den Kontext der Forschungstradition des Pragmatismus und der qualitativen Sozialforschung, spielten auch in die US-amerikanische Debatte Elemente geodeterministischer, bio-ökologischer, rassistischer und technokratischer Sichtweisen hinein. Im NS-Staat setzte die Beeinflussung angeblich "asozialer Schichtung" (etwa einer Bevölkerungsmenge in einem Stadtraum) vor allem bei der Flächen- und Siedlungsplanung an. Das setzte eine Vorentscheidung voraus: Am Konstrukt „Bevölkerung" schien soziale Ungleichheit nicht nur unmittelbar transparent zu werden, sondern "Bevölkerung(en)" wurde auch in ihren territorial-relationalen Beziehung zueinander wahrgenommen. Lohnenswert scheint hier ein intensiveres Nachverfolgen und Vergleichen der Traditionen der ökologischen Sozialwissenschaft in der amerikanischen social demography bzw. der geopolitischen Diskussion im bevölkerungswissenschaftlichen/-politischen Kontext Deutschlands. In gewisser Weise arbeiteten sich Sozial- und Bevölkerungswissenschaftler nach 1945 (z.B. in den frühen Gemeindestudien) am NS-Konzept der „totalen Integration" ab. Marktmechanismen beruhen auf (und schaffen) einen anderen Verteilungsmodus als staatswirtschaftliche Planung. Zurecht kann von „nicht explizierten Integrationstheorien" in den bevölkerungswissenschaftlichen Untersuchungen in Deutschland nach 1945 gesprochen werden. Womöglich scheiterte eine flächendeckende Etablierung von social demography in Deutschland nicht zuletzt daran, dass über lange Zeiträume in den traditionell eher als konservativ geltenden deutschsprachigen Bevölkerungswissenschaft(en) (soziale/kulturelle) Integration als (soziobiologisch interpretierte) Assimilation verstanden wurde. Die US-amerikanische Debatte war und ist dazu ungemein viel vielfältiger und breiter.