Effektive Feldtheorie der elektroschwachen Symmetriebrechung: Grundlagen und Anwendungen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Vereinigung der subatomaren schwachen Wechselwirkungen, zentral für die Energieerzeugung im Inneren der Sterne, mit der Theorie des Elektromagnetismus, vertraut aus dem Alltag und durch seine technischen Anwendungen, gehört zu den größten Errungenschaften der Physik der letzten hundert Jahre. Diese Wechselwirkungen werden in einem einheitlichen Rahmen beschrieben als Erscheinungsformen einer Quantentheorie elektroschwacher Eichfelder, einer Verallgemeinerung von Maxwells elektromagnetischen Feldern und Potentialen. Ein wesentlicher Unterschied zwischen elektromagnetischen Phänomenen und solchen der schwachen Wechselwirkung wird durch den Riggs-Mechanismus hervorgebracht: Die spontane Brechung der elektroschwachen Eichsymmetrie macht die W- und Z-Bosonen (und die Quarks und Leptonen) massiv, während das Photon des Elektromagnetismus masselos bleibt. Elektromagnetische Vorgänge haben daher eine lange Reichweite und manifestieren sich unmittelbar in der makroskopischen Welt, während die Effekte von Wund Z auf den subatomaren Bereich beschränkt bleiben. Der Riggs-Mechanismus wird im Standardmodell (SM) konsistent und erfolgreich durch das skalare Riggs-Feld implementiert. Dessen Vakuum-Erwartungswert ist verantwortlich für die Massen der fundamentalen elektroschwachen Teilchen. Auf der anderen Seite fehlt ein tieferes Verständnis des dynamischen Ursprungs eines solchen Feldes, ein zentrales Ziel für die Experimente des LHC am CERN. Mögliche Abweichungen vom SM können mit den Methoden der effektiven Feldtheorie (EFT) beschrieben werden. Eine EFT im Energiebereich von wenigen hundert Ge V, der elektroschwachen Skala, erlaubt die Formulierung einer Theorie des Higgs-Bosons mit allgemeineren Eigenschaften als im SM. Das gegenwärtige Projekt hatte zum Ziel, eine solche EFT zu entwickeln, mit der besonderen Eigenschaft, dass neuartige Riggs-Kopplungen die dominanten Effekte der Physik jenseits des SM ausmachen. Die resultierende EFT hat die technische Bezeichnung einer elektroschwachen chiralen Theorie mit leichtem Riggs-Feld (EWChL). Eine derartige EFT ist deswegen interessant, weil der Riggs-Sektor der am wenigsten etablierte Teil des SM ist und dort unerwartete Effekte besonders plausibel erscheinen. Im ersten Projektteil wurden die charakteristischen Eigenschaften dieser EFT herausgearbeitet, insbesondere ihr systematischer Aufbau und wichtige phänomenologische Konsequenzen. Der zweite Projektteil, Gegenstand des vorliegenden Berichts, erweiterte diese Untersuchungen in neue Richtungen, die hauptsächlich die folgenden Themen umfassten: Die Diskussion der Quantenstruktur des EWChL durch die Bestimmung der vollständigen Ein-Schleifen-Renormierung und der Renormierungsgruppengleichungen; Implikationen der Schleifenordnung (loop counting), zentral für die EWChL-Systematik, für andere EFT-Formulierungen; und schließlich die Analyse von QCD-Korrekturen höherer Ordnung zu den RiggsZerfällen in zwei Gluonen oder zwei Photonen, unter besonderer Berücksichtigung einer konsistenten Einbettung dieser Rechnungen in den EFT-Kontext.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
Higgs boson potential at colliders: Status and perspectives. Reviews in Physics, 5, 100045.
Micco, Biagio Di; Gouzevitch, Maxime; Mazzitelli, Javier & Vernieri, Caterina
-
Higgs-electroweak chiral Lagrangian: One-loop renormalization group equations. Physical Review D, 104(7).
Buchalla, G.; Catà, O.; Celis, A.; Knecht, M. & Krause, C.
-
Top-pair production via gluon fusion in the Standard Model effective field theory. Physical Review D, 104(9).
Müller, Christoph
-
h→gg and h→γγ with anomalous couplings at next-to-leading order in QCD. Physical Review D, 107(7).
Buchalla, Gerhard; Höfer, Marius & Müller-Salditt, Christoph
-
Loop counting matters in SMEFT. SciPost Physics, 15(3).
Buchalla, Gerhard; Heinrich, Gudrun; Müller-Salditt, Christoph & Pandler, Florian
