The development of Ethnology and Prehistory in France and Germany up to the 1960s: A history of entanglement
Prehistory and World Archaeology
History of Science
Final Report Abstract
Entsprechend der Antragstellung konzentrierte sich das Forschungsprogramm auf drei Themenfelder: Die Herausbildung ethnologischer Wissensbestände in Frankreich und Deutschland; die Verfestigung der disziplinären Grenzen der Ethnologie insbesondere das Verhältnis zur Vor- und Frühgeschichte und zur Kunstgeschichte in beiden Ländern; die Rezeption ethnologischer Wissensbestände in Afrika. Im Rahmen des Projekts wurde diese Fragen in sechs deutsch-französischen Konferenzen und Workshops nachgegangen, „Ethnologie, Ur- und Frühgeschichte und Ästhetik“ (Deutschen Forum für Kunstgeschichte, Paris, März 2015); „Höhlen: Paläontologie, Philologie und Anthropologie (1800- 2015)“ (Martin-Gropius-Bau, Berlin, März 2016); „Vom Umgang mit der Temporalität in den Sozial- und Geisteswissenschaften“ (Goethe-Universität Frankfurt, November 2016); „Ethnologisches Wissen und afrikanische Sammlungen (1850-1950)“ (Musée du quai Branly, Paris, Dezember 2016); „Afrikanische Agency in der Konstruktion und Aneignung ethnologischen Wissens“ (Université Cheikh Anta Diop, Dakar, März 2017); „Terrain und Kultur – Wissensmedien des Raums“ (Universität Zürich, Juni 2017). Die Ergebnisse flossen in drei Ausstellungen ein: „Kunst der Vorzeit – Felsbilder der Sammlung Frobenius“ (Martin-Gropius-Bau, Berlin, Januar–Mai 2016); „Art rupestre africain, de la contribution africaine à la découverte d‘un patrimoine universel“ (Musée Theodore Monod de l’IFAN-CAD / Goethe-Institut, Dakar, März–April 2017); „Frobenius, el mundo de Arte rupestre“ (Museo nacional de Antropologìa, Mexico-City, Juli–November 2017). Deutsche und Franzosen bildeten ihre nationalen Ethnologien jeweils gemäß den Besonderheiten ihrer historischen Herausforderungen und ihres spezifischen Fächerkanons heraus. Der wohl augenfälligste, und aus französischer Sicht besonders kuriose Unterschied betrifft die unterschiedliche disziplinäre Behandlung des europäischen und des außereuropäischen Untersuchungsgegenstands Im deutschsprachigen Bereich durch Volks- bzw. Völkerkunde. Frankreich ist in den Jahrzehnten um 1900 durch eine reichhaltige ethnographische Tradition gekennzeichnet, zum einen durch die Beiträge katholischer Missionare, oftmals Afrikanisten, und zum anderen durch die sogenannte totemistische Schule, die sich eher für den ozeanischen Raum interessierte. Ein weiteres Merkmal dieses nationalen Kontexts ist die relative theoretische Homogenität, die sich aus einer philosophisch fundierten anthropologischen Sichtweise ergibt, und die mit dem Einfluss von Durkheim auf Ethnologen wie Marcel Mauss, Lucien Lévy-Bruhl oder Claude Lévi-Strauss verbunden ist sowie mit der Bedeutung der Form. Kulturhistorische und diffusionistische Ansätze, wie sie die deutsche Ethnologie bestimmten, wurden auch in Frankreich intensiv rezipiert und Deutschland galt insbesondere als Vorbild in Hinblick auf die Generierung ethnologischen Wissens vor Ort durch eigens dafür ausgerüstete Expeditionen (Koch-Grünberg, Frobenius…) – das Auswärtige Amt führte die Dokumentationskategorie „Deutsche Professoren im Ausland“ die neben geographischen und botanischen Forschungen besonders ethnologische Forschungsreisen betrafen. Im Unterschied zu den bevorzugten Feldern der meisten anderen Kolonialmächte ging das Interesse der deutschen Ethnologie weit über die eigenen Überseegebiete hinaus. Die sich aus den Museen entwickelnde deutsche Ethnologie mit ihrer kulturhistorischen Ausrichtung war hingegen wenig anschlussfähig in Bezug auf die koloniale Verwaltungspraxis. Auch in Frankreich entwickelte sich ein Anwendungsbezug nur zögerlich. In beiden Länder ist hingegen eine enge Beziehung zur Kunstwelt wie auch zur Vorgeschichtsforschung (Abbé Breuil, Lucien Lévy- Brühl etc.) deutlich, wobei in Frankreich die Verbindungen zur Ethnologie deutlicher zu Tage traten. Dies verdeutlicht nicht zuletzt auch die enthusiastische Rezeption der Felsbildforschungen von Leo Frobenius in Paris – ein Ergebnis des Projekts, das u.a. in der Ausstellung „Kunst der Vorzeit“ im Berliner Martin-Gropius-Bau (Januar-Mai 2016) einem größeren Publikum (über 35.000 Besucher) präsentiert wurde. Das Mexikanische Instituto Nacional de Antropologia et Historia (INAH) entschloss sich zu einer Übernahme der Ausstellung in Mexico-City 2017.
Publications
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„Leo Frobenius‘ Afrikareisen (1904-1935)“, Frankfurter Geographische Hefte 70: 129- 159
Kuba, Richard
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Kulturkreise. Leo Frobenius und seine Zeit (Studien zur Kulturkunde 129). Berlin, Reimer, 2016
Georget, Jean-Louis, Hélène Ivanoff und Richard Kuba (Hrsg.)
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Kunst der Vorzeit. Felsbilder aus der Sammlung Frobenius, München, Prestel, 2016
Kohl, Karl-Heinz, Richard Kuba und Hélène Ivanoff (Hrsg.)
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Kunst der Vorzeit. Texte zu den Felsbildern der Sammlung Frobenius, Frankfurt, Frobenius-Institut, 2016
Kohl, Karl-Heinz, Richard Kuba, Hélène Ivanoff und Benedikt Burkard (Hrsg.)
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„Allemagne-Afrique : de l’art spolié à l’héritage colonial partagé ?“, Allemagne d'aujourd'hui, 2016, n°217 : 198-208
Ivanoff, Hélène
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„L’Allemagne et l’Afrique, d’hier à aujourd’hui“, Sonderheft Allemagne d'aujourd'hui, 2016
Georget, Jean-Louis und Jean-Jacques Alcandre (Hrsg.)
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„Regards sur l’autre lointain : L’ethnologie de l’Afrique en Allemagne“, Allemagne d'aujourd'hui, 2016, n°217 : 208-217
Kuba, Richard
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„Représentations, traces, images. Des peintures du néolithique aux écritures de soi contemporaines“, Sondernummer Le Sujet dans la cité, 5/2016
Georget, Jean-Louis und Christine Delory-Momberger (Hrsg.)
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"‚Spuren der Begegnung: Europäische Reiseberichte über Afrika 1760 – 1860‘ by Anke Fischer-Kattner“, Journal of Historical Geography, 2017 n° 55: 121-122
Kuba, Richard
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Art rupestre : de la contribution africaine à la découverte d’un patrimoine universel, Frankfurt, Frobenius-Institut, 2017
Kuba, Richard, Hélène Ivanoff und Magueye Kassé (Hrsg.)
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Frobenius, el mundo del arte rupestre Mexico-City, INAH, 2017
Kohl, Karl-Heinz, Richard Kuba und Hélène Ivanoff (Hrsg.)
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Saisir le Terrain L’invention des sciences empiriques en France et en Allemagne, Lille, Presses du Septentrion, 2017
Georget, Jean-Louis, Gaëlle Hallair et Bernhard Tschofen (Hrsg.)