Analytical Competence of Teachers - Diagnosis and Development (Continuation Project)
Final Report Abstract
Planung, Durchführung und Analyse von Unterricht zählen zu den Kernaktivitäten von Lehrpersonen. Während die Struktur des Unterrichts in der Planung antizipiert und über dessen Durchführung realisiert wird, kommt es in der anschließenden Analyse darauf an, Informationen zu sammeln, die Aufschluss über die Effektivität des Lehr-Lernprozesses geben. Diese Fähigkeit, Unterricht unter dem Aspekt der Lernwirksamkeit angemessen analysieren zu können, macht die Analysekompetenz von Lehrpersonen aus und stand im Fokus eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) über drei Jahre hinweg geförderten Projekts. Während im Rahmen eines früheren, ebenfalls von der DFG geförderten Forschungsvorhabens ein standardisierter Test zur Messung der Analysekompetenz von Lehrpersonen konzipiert und erprobt wurde, zielte dieses Fortsetzungsprojekt auf die Fragen, (1) welche Faktoren die Ausprägung und Entwicklung dieser Kompetenz bestimmen, (2) wie Lerngelegenheiten zur Förderung dieser Kompetenz im Rahmen des Lehramtsstudiums konzipiert sein könnten und (3) wie sich die Analysekompetenz angehender Lehrpersonen vom Beginn der 2. Ausbildungsphase bis zu ihrem Abschluss entwickelt. (1) In Übereinstimmung mit vielen anderen Forschungsprojekten zur Lehrer*innenbildung gehen wir davon aus, dass Wissen eine zentrale Komponente der Lehrer*innenprofessionalität darstellt. Im Sinne dieser These hängt auch die Ausprägung der Analysekompetenz von Lehrpersonen vom Umfang und der Qualität ihres Wissens ab, wobei das jeweilige fachliche (und fachdidaktische) Wissen und das pädagogische Wissen eine herausragende Rolle bilden. Die Bedeutung dieser beiden Faktoren konnte durch zwei unterschiedliche Validierungsstrategien belegt werden: Zum einen ließ sich die Ausprägung der Analysekompetenz von 800 Proband*innen mittels Konfirmatorischer Faktorenanalysen durch diese beiden Faktoren erklären. Zum anderen zeigte die Qualitative Inhaltsanalyse von Interviews, dass Expert*innen im Unterschied zu Noviz*innen bei der Analyse videografierten Unterrichts in der Lage sind, ihr fachliches wie pädagogisches Wissen intensiv zu aktivieren und ihre Wahrnehmung dabei nicht nur auf isolierte Ereignisse, sondern auf den ganzen Unterrichtsprozess richten zu können. (2) Die Wirksamkeit dieser drei Faktoren für die Ausprägung der Analysekompetenz (fachliches und pädagogisches Wissen sowie die Erfassung komplexer Unterrichtssituationen) lässt sich überprüfen, indem man spezifische Lerngelegenheiten schafft, deren curriculare Gestaltung diesen Faktoren folgt. In diesem Sinne wurde im Rahmen des Projekts ein Curriculum konzipiert und in Form einer Vorlesung realisiert, durch das Lehramtsstudierende die Gelegenheit hatten, pädagogisches Wissen (in Form von Merkmalen effektiven Lehrens wie z.B. Zielorientierung, Strukturierung, Klarheit, Feedback usw.) zu erwerben. Die Wirksamkeit dieses Treatments konnte mit einem Solomon-Vier-Gruppen-Design empirisch geprüft werden: Der Pre- und Posttestvergleich zeigte für die Teilnehmer*innen der Experimentalgruppen im Gegensatz zu denen der Kontrollgruppen am Ende der Veranstaltung einen signifikanten Zuwachs ihrer Analysekompetenz, wobei sich die Höhe des Effekts als praktisch bedeutsam erwies. (3) Über die Entwicklung der Analysekompetenz im Rahmen der 2. Ausbildungsphase (Vorbereitungsdienst) weiß man bisher nur wenig. Mit Blick auf dieses Desiderat haben wir die Entwicklung der Analysekompetenz im Referendariat zu drei Messzeitpunkten untersucht: unmittelbar zu Beginn (T1), im 8. Monat (T2) und schließlich im 15. Monat (T3) kurz vor der Examensphase. Im Durchschnitt zeigte sich eine signifikante Entwicklung der Analysekompetenz über die drei Messzeitpunkte hinweg, wobei der Zuwachs von T1 zu T2 einen mittleren und der von T2 zu T3 einen kleinen, aber dennoch signifikanten Zuwachs darstellte. Der Vergleich individueller Entwicklungskurven zeigte allerdings auch, dass hinter der erfreulichen durchschnittlichen Entwicklung aller Proband*innen auch durch ein gewisses Maß an intraindividueller Varianz in der Entwicklung steht. So zeigen einzelne Personen zu T1 z.B. eine relativ hohe (niedrige), zu T2 eine niedrigere (höhere) und zu T3 wiederum eine höhere (niedrigere) Analysekompetenz. Des Weiteren konnte über Regressionsanalysen belegt werden, dass die Ausprägung der Analysekompetenz vom verfügbaren fachlichen und pädagogischen Wissens abhängt, indem die entsprechenden Noten im Ersten Staatsexamen als Indikator für Umfang und Qualität des im Studium erworbenen Wissens herangezogen wurden. Einen wichtigen weiteren Faktor, der die Höhe der Analysekompetenz beeinflusst, bildete die mentorielle Betreuung in der Ausbildungsschule: Proband*innen, die über eine hohe fachspezifische Unterstützung durch ihre Mentor*innen berichteten, zeigten zum Ende des Referendariats auch eine entsprechend hohe Ausprägung der Analysekompetenz.
Publications
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(2015). Analysekompetenz – ein zweidimensionales Konstrukt. Unterrichtswissenschaft, 42, 166–184
Plöger, W., Scholl, D., & Seifert, A.
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(2016). „Und sie bewegt sich doch!“ – Wie spezifische Lerngelegenheiten die bildungswissenschaftlichen Kompetenzen von Lehramtsstudierenden fördern können. Zeitschrift für Pädagogik, 62, 109–130
Plöger, W., Scholl, D., & Seifert, A.
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(2018). Bridging the gap between theory and practice – The effective use of videos to assist the acquisition and application of pedagogical knowledge in pre-service teacher education. Studies in Educational Evaluation, 50, 1–8
Plöger, W., Scholl, D., & Seifert, A.
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(2018). Pedagogical content knowledge of experts and novices – What knowledge do they activate when analyzing science lessons. Journal of Research on Science Teaching, 55, 44–67
Krepf, M., Plöger, W., Scholl, D., & Seifert, A.
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(2018). The quasi-experimental attitude of teachers: the development of a questionnaire. Journal of Education for Teaching, 44, 1–16
Plöger, W., Scholl, D., & Seifert, A.