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Vom Vertrag zum Status. Das Dienstvertragsrecht der Frankfurter Dienstbriefe

Antragsteller Dr. Thomas Pierson
Fachliche Zuordnung Grundlagen des Rechts und der Rechtswissenschaft
Förderung Förderung von 2014 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 265648957
 
Die Untersuchung eines vorindustriellen Arbeitsrechts wird überwiegend für entbehrlich gehalten, weil die rechtlichen und sozialen Voraussetzungen für die Ausbildung genereller Regeln gefehlt hätten. Wichtige Quellen zeigen ein anderes Bild. Juristisch geht es nämlich nicht um industriell oder vorindustriell, sondern um den Bereich Arbeit als Gegenstand rechtlicher Regelung. Auch vorindustriell existierte eine breite Masse abhängig Beschäftigter. Soweit man dem entgegenhält, dass berufsständisches und partikulares Recht das Vertragsrecht auf eine jeweils lokale und einzelberufliche Ebene beschränkt hätten, werden wesentliche Bereiche übersehen. Eine wichtige und in verschiedensten Berufsfeldern tätige Gruppe waren die städtischen Bediensteten. Für Frankfurt z.B. wurden Juristen, Schreiber, Handwerker, Soldaten, Polizeikräfte, Ärzte, Lehrer, Knechte, Boten, Zöllner und viele andere tätig. Neue Aufgaben, etwa im Spital-, Gerichts-, Forst- oder Schulwesen, erhöhten den Personalbedarf immer wieder. Ziel der Arbeit ist es, die Entwicklungen des Dienstvertragsrechts der städtischen Bediensteten als eine wesentliche Grundform des grundsätzlich 'freien' Dienstvertrags erstmals rechtshistorisch zu erschließen. Leitfragen sind die übergreifenden Fragen nach Freiheit, Gleichheit und sozialer Absicherung. Genauer geht es um formelle und materielle Vertragsfreiheit, um die juristische Gleichbehandlung der Bediensteten, also ob und inwiefern zwischen den verschiedenen Tätigkeitsgruppen ständisch differenziert wurde oder ob das Verständnis eines einheitlichen Dienstrechts die Verträge durchzieht, und um die Lösung sozialer Probleme wegen alters-, krankheits-, oder unfallbedingter Dienstunfähigkeit. Diese Probleme stellen sich in einer industrialisierten Arbeitswelt ganz parallel. Mit dem Konzept der Problemgeschichte als Analyse- und Strukturinstrument sollen daher die rechtlichen, sozialen und ökonomischen Problemlagen einschließlich ihrer Interdependenzen untersucht werden. Darüber hinaus wird der im Längsschnitt wie im Querschnitt breite Zugriff wesentliche Entwicklungslinien aufzeigen. Das Quellenmaterial ist zu allen diesen Fragen sehr ergiebig. Die aus dem 14. bis zum frühen 19. Jahrhundert stammenden über 2300 'Dienstbriefe' (Dienstverträge) des Frankfurter Instituts für Stadtgeschichte werden analysiert, darüber hinaus auch Polizeiordnungen, Diensteide und überlieferte Vertragskonflikte. Die Analyse basiert auf den vertragsrechtlichen Inhalten mitsamt ihren soziökonomischen Kontexten, also auf Aussagen im Hinblick etwa zur Vertragsanbahnung und -beendigung, zum gesamten Störungsrecht einschließlich Gefahrtragungsregeln, sowie den spezifisch zeitgenössischen Regelungsproblemen (etwa Lohnformen und Treuepflichten). Diese Untersuchung in einem kaum bearbeiteten Feld ermöglicht neue und wesentliche Erkenntnisse für die Problemlösungen und Entwicklungen des Dienstvertragsrechts einschließlich des Beamtenrechts.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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