From Contract to Status. The Law of Service Contracts in the Frankfurt Letters of Service
Final Report Abstract
Die Untersuchung beleuchtet einen wichtigen Aspekt der vorindustriellen Arbeitsrechtsgeschichte erstmals intensiv. In einem Zeitalter grundsätzlich ‚gebundenen‘ Privatrechts kennzeichnet die Dienstvertragspraxis der reichsstädtischen Bediensteten eine erhebliche Freiheitsinsel, in der die individualvertragliche Aushandlung im Wesentlichen frei möglich war und von und mit den Bediensteten ganz unterschiedlicher Qualifikation und sozialen Profils praktiziert wurde. Die Untersuchung der handschriftlichen Dienstverträge vom späten 14. bis zum beginnenden 19. Jahrhundert zeigt damit ein Recht, das den bekannten Erzählungen der Privatrechtsgeschichte widersteht. In Abkehr von der berühmten Formel des britischen Juristen und Rechtshistorikers Henry Sumner Maine ist für diesen Rechtsbereich statt einer Entwicklung „from status to contract“, also einer Entwicklung aus der mittelalterlich-statusrechtlichen Gebundenheit hin zur liberalen Vertragsfreiheit der bürgerlichen Gesellschaft, das Gegenteil zu beobachten, nämlich eine Entwicklung zu einer modernen Form des Statusverhältnisses. Hintergrund waren zum einen soziale und rechtliche Veränderungen etwa durch die Lösung der Versorgungsproblematik durch die faktische Aufgabe der altersbedingten Kündigung und die Umstellung auf unbestimmte Vertragslaufzeiten, zum anderen die verfassungsrechtliche Begrenzung der Aushandlungsmöglichkeiten. Im 18. Jahrhundert griffen die kaiserlichen Kommissionen in das Frankfurt Dienstwesen ein, indem sie Art und Zahl der Stellen, die Entlohnung und den Auswahlmodus festlegten. Die Vertragspartner konnten über diese zentralen Punkte nicht mehr disponieren, die Besetzung erfolgte nunmehr durch Losentscheid. Das entstandene Statusverhältnis war allerdings auch um 1800 noch kein rechtlich abgesichertes Beamtenverhältnis, sofern man dies an den historisch entwickelten hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums misst. Das Eingreifen gründete vielmehr auf dem Konflikt zwischen Stadtbürgertum und Obrigkeit um die städtischen Finanzen, weil man die Personalausgaben kontrollieren und begrenzen wollte. Dazu sollten das Besoldungswesen vereinheitlicht und die Bediensteten diszipliniert werden. Die Analyse basiert auf den vertragsrechtlichen Inhalten mitsamt ihren sozioökonomischen Kontexten. Die wesentlichen Vertragsklauseln konnten und wurden im Streitfall in das gerichtliche Verfahren eingeführt. Beispiele dafür waren Streitigkeiten der Dienstnehmer verschiedener Städte und Territorien vor dem Reichshofrat um die Wirksamkeit vertraglicher Kündigungsregeln, Gerichtsstandsklauseln, die Reichweite von Amtseid und Treuepflichten, die Haftung der Bediensteten für Schäden, Residenzpflichten und die Lohnzurückhaltung bzw. -verweigerung.