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Grenze als Symbol und Ursache kultureller Transformationsprozesse: der traditionelle Medizinsektor in Sansibar

Fachliche Zuordnung Ethnologie und Europäische Ethnologie
Förderung Förderung seit 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 266953613
 
Dieses Forschungsprojekt untersucht, wie und warum sich der afrikanische Staat Sansibar nach Jahrzehnten „sozialer Modernisierung“, Strukturanpassungsprogrammen und einer politischen Unterdrückung traditioneller Heilpraktiken für eine stärkere Integration traditioneller Heiler*innen in die öffentliche Gesundheitsversorgung einsetzt. Das Projekt fokussiert dabei auf zwei politische Ereignisse, die rezente Transformationsprozesse des traditionellen Medizinsektors ausgelöst haben: (1) den "Traditional and Alternative Medicine Policy Act", ein legislativer Rahmen für Heiler*innen, sich unter dem Gesundheitsministerium zu registrieren; (2) die Bemühungen der Nichtregierungsorganisation „World Doctors“, Heiler*innen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit in Übereinstimmung mit der staatlichen Gesetzgebung zu unterstützen. Die NGO hat neue Formen der Kollaboration zwischen dem traditionellen und dem biomedizinischen Gesundheitssektor auf der Insel eingeführt.Unter dem theoretischen Paradigma des border-crossing – und unter Einbeziehung externer medizinischer Einflüsse – wurde erforscht, wie diese politischen Ereignisse die häufig ambivalente Rolle von Heiler*innen verändert, und inwieweit Heiler*innen in Sansibar als politische, wissenschaftliche und ökonomische Entrepreneur*innen ihre Quellen von Handlungsmacht durch strategische Innovationen und politisches Ausmanövrieren ausschöpfen. Ferner wurde der Instrumentalisierung von traditioneller Medizin als Ressource nachgegangen. Insbesondere wurde untersucht, wie die Kollaborationsbemühungen zwischen Heiler*innen und Ärzt*innen in die medizinische Praxis (im Management nicht-übertragbaren Krankheiten, NCDs, insbesondere Diabetes/Hypertonie) umgesetzt wurden. Dieser Antrag enthält eine Zusammenfassung der empirischen Forschungsergebnisse aus der achtmonatigen ethnographischen Forschung (2017-2019).Im zweiten Teil des Antrags werden weitere Forschungsvorhaben formuliert, die sowohl auf den Ergebnissen der vorliegenden Studie, als auch auf dem analytischen Rahmen von Grenzen und gesundheitsbezogenen Assemblagen (Heiler*innen, Infrastrukturen, Technologien, policies, etc.) basieren. Mit Fokus auf NCDs soll untersucht werden, wie aus der Begegnung von traditionellen, religiös-spirituellen Praktiken und biomedizinischen Therapieformen neue Formen hybridisierten medizinischen Wissens für diese Krankheitsentitäten entstehen, und welche Rolle Heiler*innen & neue Technologien (Glukometer) in der Sichtbarmachung dieser Krankheitsbilder spielen. Auch soll ethnographisch vertieft werden, wie westliche NCD-Präventionsdiskurs, die auf der Idee basieren, dass Individuen ihre Gesundheit selbstverantwortlich mitgestalten oder Lebensstile verändern (können), in Sansibar aufgenommen werden, einem Kontext, in dem vielmehr die Lebensumstände (wie Armut, mangelnde medizinische Versorgung und Umweltgesundheitsgefahren, ausgelöst durch den Einsatz von Pestiziden) den Anstieg und das Management von NCDs (mit-)bedingen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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