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Long-distance Dependencies in French: Comparative Analyses (HPSG and the Minimalist Program)

Subject Area Individual Linguistics, Historical Linguistics
Term from 2015 to 2021
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 267368069
 
Final Report Year 2022

Final Report Abstract

Ziel des Projekts war die Untersuchung syntaktischer Fernabhängigkeiten im Französischen mit Hilfe zweier grammatischer Frameworks (HPSG und dem Minimalistischen Programm [MP]). Insbesondere sollte der für das Französische bisher nur in Teilaspekten bearbeitete Phänomenbereich der Fernabhängigkeiten erstmals empirisch und theoretisch umfangreich erfasst werden. Zunächst wurde der Forschungsstand zu Fernabhängigkeiten im Französischen aufgearbeitet und eine Excel-Datenbank aus den darin enthaltenen Beispielen erstellt. Die so entstandene umfangreiche Datenbank enthält etwa 1800 grammatische und ungrammatische Beispielsätze, die mit Hilfe von 34 Tags klassifiziert wurden. Das Tag-Set wurde während der Arbeiten immer wieder angepasst und erweitert, sobald neue relevante Faktoren hinzukamen. Die Aufbereitung des Forschungsstands und die Arbeit mit der Datenbank führte zu einem umfangreichen Überblick über die Forschungslage und konnte zahlreiche offene Fragen identifizieren. Angesichts der großen Anzahl von Phänomenbereichen wurde beschlossen, sich vornehmlich auf Extraktionen aus DPen und auf Subjektinseln zu beschränken. Die Ergebnisse im Einzelnen: 1. Im Französischen sind Komplemente von N aus einer DP nur dann extrahierbar, wenn diese durch das Element de eingeleitet werden. Das Element de qualifiziert ein nominales Argument allerdings nur dann für eine Extraktion, wenn es keine Präposition ist, sondern ein ‚schwacher‘ Kopf, der den Kopfwert seines Komplements erbt (HPSG, sog. obliques de) bzw. einen Kasusmarker für den im Rahmen eines Sondierungsprozesses zugewiesenen Kasus ‚Genitiv‘ (MP) darstellt. Auf HPSG-Seite wurde der vorliegende Ansatz von Kolliakou (1999) modifiziert; er basiert auf semantischen Kriterien und daraus abgeleiteten Reihenfolge in der ARG-STR-Liste des Nominalkopfes. Der MP-Ansatz ist phasenbasiert und besteht in einer grundlegenden Neuinterpretation der von Gutiérrez Bravo (2001), und Cinque (2014) für andere romanische Sprachen formulierten Theorien im Rahmen des Sonden-und-Phasen-Modells. 2. PPen gelten weitgehend als Inseln für die Extraktion aus von der Präposition selegierten DPen. Allerdings lassen sich auch hier wieder Ausnahmen bei der Präposition de finden. Beide Gruppen (HPSG und MP) sind sich einig, dass auch hier wieder der unter 1. erwähnte Kontrast zwischen de als Präposition und als schwachem Element (obliques de/Kasusmarker) zum Tragen kommt; nur in letzterem Falle kann extrahiert werden. Ein Problem stellte die Extrahierbarkeit aus durch de eingeleiteten präpositionalen Objekten von reflexiven Verben dar. Beide Theorien treffen jedoch auch die richtigen Voraussagen, da sich de in diesen Fällen als Reflex einer Reflexivierungsoperation interpretieren lässt (und nicht als Präposition). 3. Die meisten Arbeiten betrafen das Gebiet der ‚Subjektinseln‘. Durch umfangreiche Korpusstudien und Sprecherbefragungen konnte zum einen bestätigt werden, dass das Relativelement dont ‚dessen‘ aus Subjekten extrahiert werden kann. Eine neue Erkenntnis ist, dass auch de qui ‚von wem‘ aus Subjekten extrahiert werden kann, allerdings problemlos nur in Relativsätzen, nicht in Interrogativsätzen. Die beiden Analysen sind grundverschieden. Die HPSG-Analyse führt die Agrammatikalität der wh-Extraktion in Interrogativsätzen auf einen informationsstrukturellen Konflikt zurück (Fokussierung einer ‚Background‘-Konstituente). Die MP-Analyse hält an dem Inselstatus von Subjekten fest. Alle beobachtbaren Ausnahmen werden als Pseudoextraktionen gedeutet (Bewegung des gesamten Subjekts mit phasenbedingter Bewegung des nominalen Komplements in den Phasenrand). Der Vorteil ist, dass bisher nicht beobachtete Extraktionen von interrogativem de qui in Fragesätzen mit sog. komplexer Inversion hierdurch erklärbar werden, da die komplexe Inversion im Gegensatz zu den anderen Interrogativkonstruktionen des Französischen die Bewegung des Subjekts in die linke Peripherie fordert. Das Projekt wurde in Kooperation mit Anne Abeillé (Univ. de Paris 7) und mit weiteren Kolleg*innen des von ihr geleiteten Laboratoire de linguistique formelle (Univ. de Paris 7) durchgeführt. Das Projekt führte zu vertieften Einsichten in Bezug auf die Erklärungsadäquatheit der beiden Frameworks (HPSG und MP); die in beiden Frameworks eingesetzten Erhebungs- und Analysemethoden konnten sich fruchtbar ergänzen.

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