Detailseite
Projekt Druckansicht

Yunnans (SW-China) rasanter Hydroenergieausbau und der Wasser-Energie-Umwelt-Nexus.

Antragsteller Dr. Thomas Hennig
Fachliche Zuordnung Physische Geographie
Förderung Förderung von 2014 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 267459381
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Innerhalb der Erneuerbaren Energien stellt der Hydroenergieausbau weltweit noch immer die mit Abstand wichtigste Form der Stromerzeugung dar. Der Ausbau erfolgt schneller als in allen Epochen zuvor, allerdings hat sich der Schwerpunkt auf Schwellen- und Entwicklungsländer verlagert. China ist dabei mittlerweile die führende Nation und die die südwestchinesische Provinz Yunnan spielt dabei eine herausragende Rolle, einerseits ist die Region mit der weltweit größten installierten Wasserkraft (neben der Nachbarprovinz Szechuan) und andererseits ist sie wegen des transnationalen Charakters von fünf großen Einzugsgebieten und der großen Bio- und Geodiversität von großem Forschungsinteresse. Bisher gibt es aber, außer zu wenigen ausgewählten Großprojekten, fast keine Studien zum Thema. Das abgeschlossene DFG-Projekt möchte diese Lücke schließen. Aufbauend auf einem Vorgängerprojekt, leistet es sowohl regional als auch konzeptionell einen zentralen Beitrag zu einem differenzierten raum-zeitlichen Verständnis des Hydroenergieausbaus in Yunnan und seinen zentralen Herausforderungen. Basierend auf dem Powershed-Ansatz von Magee (2006), der im Projekt auch konzeptionell weiter entwickelt wurde, lag der inhaltliche Schwerpunkt auf einer Analyse der Wechselwirkungen zwischen dem Wasser- Energie- (WE) bzw. dem Wasser-Umwelt- (WU) Nexus. Regional konnte für zwei der unbekanntesten transnationalen Einzugsgebiete Asiens (Ayeyarwady und Nu) eine erste systematische Erfassung erfolgen. Beide haben ein ähnlich großes Wasserkraftpotential wie der Mekong, sind aber -als die beiden einzigen großen Flüsse in Asien!- am Hauptlauf noch unverbaut und bisher auch weitgehend unerforscht. Allein für diese beiden Einzugsgebiete konnten im Projekt in einer Datenbank 355 Projekte (in Yunnan; 6740MW) erfasst werden, dazu kommen weitere 98 größere Projekte (≥50MW) außerhalb der beiden EG sowie der beiden Hauptläufe des Yangtze und Mekong; fast alle diese Projekte waren bisher unbekannt. Sie sind bereits in Karten veröffentlicht und ein erster Schritt einer frei verfügbaren geovisuellen Aufarbeitung ist bereits erfolgt. Neben der Erstellung bzw. Fortsetzung einer validen umfassenden empirischen Grundlage des Hydroenergieausbaus in Yunnan wurden weitere wichtige Ergebnisse erzielt, von denen sich einige zentrale Handlungsempfehlungen ableiten lassen. Die Entwicklung der (Klein-)Wasserkraft in Yunnan verläuft wesentlich komplexer als bisher angenommen. Mit dem Projekt wurde - basierend auf mehreren lokal-kontextabhängigen Faktoren - eine Typologie von fünf Entwicklungspfaden entwickelt. Es zeigt sich dabei, dass sowohl einzelne Projekte (wie auch Kleinwasserkraft per se) nicht exklusiv und isoliert betrachtet werden dürfen, aber es zeigt sich v.a. auch, dass das Zusammenwirken bestimmter Konstellationen zur lokal-regionalen Überentwicklung von (Klein-) Wasserkraft führt, mit all den multiplen direkten und indirekten Folgeerscheinungen. In diesem Zusammenhang ist ein weiteres zentrales Ergebnis die Erfassung der komplexen Verflechtungen zwischen (Klein-)Wasserkraft und den energieintensiven Industrien, ein Sachverhalt der in der Beurteilung von green energy bisher vernachlässigt wurde. Regional werden aber bis zu 85% der Hydroenergie in energieintensiven Industrien verbraucht, v.a. in dezentralen Siliziumschmelzen mit veralteter Technologie. Dies wiederum hat vielschichtige Umweltimplikationen. In diesem Kontext erweist sich der Ausbau von (Klein-)Wasserkraft noch immer als ein entscheidender ‚Driver‘ bezüglich der illegalen Abholzung naturnaher (tropischer) Wälder. Neben diesen indirekten Auswirkungen (des WE-Nexus bzw. der komplementären Betrachtung von Erzeugung und Verbrauch) hat der Hydroenergieausbau auch direkte Umweltauswirkungen, v.a. durch sich verzahnende Kaskaden und damit zusammenhängende komplette saisonale Flussaustrocknungen, die ganze (Teil-)Einzugsgebiete betreffen, wie lokal auch Schutzgebiete. Eine erste fischökologische Untersuchung einer betroffenen Kaskade erbrachte bereits mehrere Hinweise auf die Beeinträchtigung der Fischfauna; bedarf aber Folgeuntersuchungen. Auf Grundlage dieser Ergebnisse möchte ich in einem Nachfolgeprojekt die Untersuchungen zu den trade-offs des ‚water-energy-environment-Nexus‘ in Yunnan fortsetzen und dabei zwei weitere bisher unbekannte Einzugsgebiete einbeziehen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2016): Damming the Transnational Ayeyarwady Basin. Hydropower and the Water-Energy Nexus. Renewable and Sustainable Energy Reviews 65: 1232-46
    Hennig, Th.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.rser.2016.07.048)
  • (2016): Die globale Renaissance der Hydroenergie. Ursachen und Konsequenzen, Herausforderungen und Daten. Geographische Rundschau. Vol. 68(11): 32-40
    Hennig, Th.
  • (2016): Yunnan’s fast-paced large hydropower development: A powershed-based approach to critically assessing generation and consumption paradigms. Water 8, 476
    Hennig, Th., He, D.M., Wang W.L. and D. Magee
    (Siehe online unter https://doi.org/10.3390/w8100476)
  • Die Rolle der Wasserkraft bei der (globalen) Energie-wende. In: L. Holstenkamp und J. Radke (Hrsg.): Handbuch Energiewende und Partizipation. Springer
    Schiffer, H.P. and T. Hennig
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung