Rasterkraftmikroskop (FastScan AFM)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Arbeitsgruppe Mineralogie an der Universität Bremen erarbeitet die Grundlagen und befasst sich mit der Quantifizierung von Fluid-Festkörper-Wechselwirkungen. Im Vordergrund unseres Interesses stehen Lösungsreaktionen von (meist) kristallinen Substanzen in wässrigen Lösungen. Diese Untersuchungen haben das Ziel der Verbesserung unseres fundamentalen Prozessverständnisses. Im Fokus dieser Arbeiten stehen Diagenese- und Verwitterungsreaktionen, Untersuchungen zur frühen Zementhydratation, Kolloidadsorption auf Mineral- und Gesteinsoberflächen und die Korrosionskinetik von Metallen, Gläsern und Keramiken. Seit der Beschaffung des Rasterkraftmikroskops (AFM) setzen wir für unsere experimentellen Untersuchungen als Neuerung die Kombination aus o.g. AFM und Vertikal Scannendem Weißlichtinterferometer (VSI) ein. Letzteres ist für spezielle Anwendungen bei denen Oberflächenphasen identifiziert werden sollen mit einem RAMAN-Spektrometer kombiniert. Diese Kombination erlaubt die hochpräzise quantitative Bestimmung von Veränderungen der Festkörperoberfläche als Funktion der Zeit. Messungen können sowohl in situ als auch ex situ durchgeführt werden. Mit diesem Ansatz wird sowohl die Gesamtreaktionsgeschwindigkeit als auch die Verteilung der Raten auf der reaktiv heterogenen Oberfläche gemessen. Die Ergebnisse werden dann in sog. Ratenspektren dargestellt, analysiert und miteinander quantitativ verglichen. Anwendungsbezogene Ergebnisse wurden und werden bspw. zu Fragestellungen der Diagenese, Reservoirqualität, Verwitterung, Korrosion, Endlagersicherheit, Trinkwasserqualität und Zementherstellung erarbeitet. Wichtigstes Ergebnis unserer Arbeit der letzten drei Jahre war sicherlich die Entdeckung, dass der Lösungsprozess auf Kristalloberflächen (z.B. Zinkoxid (ZnO) und Calcit (CaCO3)) nicht kontinuierlich abläuft sondern pulsierend. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass kleinskalige Ratenmessungen an einzelnen Stufen auf der Kristalloberfläche mit dem AFM oft nur unvollständige Fluktuationen an Schraubenversetzungen zeigen, während die größerskaligen VSI-Messungen die Ausbildung von sich ringförmig ausbreitenden Pulsen der Kristallstufenverschiebung ergeben. Ein weiterer Schwerpunkt unserer Arbeit ist die Entwicklung zur Vorhersagefähigkeit des Verhaltens von (komplexen) fluid-fest Systemen. Dazu ist es erforderlich, Computermodelle zu entwickeln, die das Verhalten der Oberfläche während des Lösungsprozesses präzise simulieren. Zu diesem Zweck entwickeln wir parametrisierte kinetic Monte Carlo Modelle. Diese Modelle auf molekularer Ebene beruhen auf einem stochastischen Ansatz und den Wahrscheinlichkeiten, mit denen bestimmte Prozesse auf der Oberfläche ablaufen können. Solche Modelle sind zunehmend erfolgreich bei der Vorhersage von Lösungsverhalten. Es ist jedoch zwingend notwendig, die Modellergebnisse mit einer unabhängigen Methode im Labor zu testen und zu validieren. Diese Tests führen wir mit der oben beschriebenen Kombination von AFM- und VSI-Messungen durch. AFM-Messungen haben gezeigt, dass sie aufgrund der hohen Ortsauflösung der Messung einen wichtigen Beitrag leisten können. Schließlich stellt das sog. upscaling, d.h. die Messung bzw. Vorhersage von mesoskaligen Prozessen auf atomarer bzw. molekularer Skala und deren Übertragbarkeit auf Prozesse größerer Skala bis hin zur Entwicklung von Reservoirs und deren reactive-transport Systemen eine enorme Herausforderung dar. Der komplementäre Einsatz von AFM und VSI Methoden bringt hier einen wirklichen Fortschritt, da wir Prozesse auf Festkörperoberflächen jetzt vom Nanometer- bis in den cm-Bereich erfassen können. Entsprechende Ratenspektren erlauben dann die Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Wir können somit das Fazit ziehen, dass die Kombination von AFM- und VSI-Methoden einen signifikanten Vorteil und Fortschritt für unsere Untersuchungen zum besseren Verständnis von Lösungsreaktionen in fluid-fest Systemen bringt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Direct Measurement of Surface Dissolution Rates in Potential Nuclear Waste Forms: The Example of Pyrochlore. ACS Appl. Mater. Interfaces 2015, 7, 17857−17865
Fischer C, Finkeldei S, Brandt F, Bosbach D, Luttge A,
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(2017) Surface alteration of steel constructions in natural sedimentary habitats of the North Sea, GeoBremen 2017, Bremen, Germany, 24 September 2017 - 29 September 2017
Fronzek J, Heuer J , Fischer C , Hass C, Lüttge A, Kasten S
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Variability of Zinc Oxide Dissolution Rates. Environ. Sci. Technol. 2017, 51, 8, 4297-4305
Michaelis M, Fischer C, Colombi Ciacchi L, Luttge A
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Pulsating dissolution of crystalline matter, PNAS, 2018, 115 (5) 897-902
Fischer C, Luttge A