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Lexikon der Revolutions-Ikonograpie in der europäischen Bildpublizistik
Antragsteller
Professor Dr. Rolf Reichardt
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung
Förderung von 2015 bis 2017
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 270745587
Als größtes Medienereignis seit den Tagen der Reformation hat die Französische Revolution einen ebenso tiefgreifenden wie folgenreichen und nachhaltigen Umbruch der politischen Kultur bewirkt, weit über Frankreich hinaus. Es handelt sich um eine tendenziell demokratische, internationale, ganz wesentlich visuell geprägte öffentliche Kultur. Mit der Etablierung der Nationalstaaten schrittweise verdrängt, blieb sie ¿ mehr oder weniger verdeckt ¿ gleichwohl bis ins späte 19. Jahrhundert hinein virulent. Was sich von ihr erhalten hat, sind neben einer Reihe von Gemälden und Skulpturen, Bauwerken und gegenständlichen Zeugnissen wie Medaillen, Porzellan und Textilien vor allem im Druck vervielfältigte Ereignis-, Sinn- und Spottbilder der unterschiedlichen politischen Lager: zunächst Holzschnitte, Kupferstiche und Radierungen, im 19. Jahrhundert zunehmend Lithographien und Holzstiche, teils als fliegende Blätter verbreitet, teils als Illustrationen von Flugschriften und Journalen veröffentlicht ¿ ein eher alltäglicher Bereich der alten Druckgraphik, weithin ¿Niemandsland¿ zwischen Kunstgeschichte und Fachhistorie.Diese auf Breitenwirkung angelegte Bildpublizistik, die von der Konjunktur der politisch-sozialen Bewegungen und von der Entwicklung der illustrierten Presse angetrieben wurde, bestand nicht aus isolierten Einzelwerken, sondern war vielfach in sich vernetzt: diachron durch wiederholte, ständige Bezugnahme auf die Französische Revolution, ihre Ereignisse, Symbole und Bilder; geographisch durch den häufigen Transfer und das Wechselspiel von Bildern und Motiven über die Sprach- und Ländergrenzen hinweg. Beispielsweise griffen französische und deutsche, italienische und englische Bildermacher 1830/35 und 1848/49 immer wieder auf 1789-99 vorgeprägte ikonische Formeln des Freiheitsbaums und der Republik, der kollektiven Eidleistung und der Guillotine zurück, paßten sie sinngemäß oder polemisch den neuen Umständen an und argumentierten so hintersinniger, als völlige Neuschöpfungen es erlaubt hätten. Dies ist bislang nur punktuell erkannt worden, weil die einschlägige Forschung sich ganz überwiegend einzelnen Zeitabschnitten, Ländern und Künstlern widmet und dazu neigt, die weithin anonyme Gebrauchsgraphik zu vernachlässigen.Um den kollektiven Diskurs der visuellen Revolutionserinnerung mit seinen verschlungenen, oft kreativen Bild-Filiationen systematisch aufzuspüren und zu rekonstruieren, bedarf es einer breiten Quellengrundlage und eines analytischen Ansatzes, der die Perspektive der longue durée mit dem komparatistischen Blick verbindet. Aus den einschlägigen Sammlungen von zwei Dutzend westeuropäischen Museen, Archiven und Bibliotheken sowie aus zahlreichen Satire-Journalen und illustrierten Zeitungen wurde daher in Teamarbeit ein Corpus von über 12.000 Druckgraphiken zusammengetragen, darunter auch Reproduktionen von Gemälden.
DFG-Verfahren
Publikationsbeihilfen