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Architekturgeschichte und Intermedialität: Der Nachlass des Berliner Bauforschers Franz Mertens (1808-1897)

Antragsteller Dr. Wolfgang Cortjaens
Fachliche Zuordnung Kunstgeschichte
Förderung Förderung von 2006 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 27379524
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Der Bauforscher Franz Mertens (Düsseldorf 1808 - 1897 Berlin) gilt heute als ein früher Hauptvertreter der diagrammatischen Kunstgeschichtsschreibung. Im Mittelpunkt des Forschungsprojekts stand der in der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz zu Berlin erhaltene, umfangreiche Nachlass Mertens. Die im Rahmen des DFG-Forschungsstipendiums 2007-2009 erfolgte Sichtung und Auswertung großer Teile des zuvor nur kursorisch gesichteten Nachlasses machte eine Revision der ursprünglich zu erwartenden Ergebnisse notwendig, da der Fülle des Materials eine eher geringe Ausbeute bei der inhaltlichen Streuung gegenüberstand. Gleichwohl ist auch dieses Ergebnis als aussagekräftig zu werten, verdeutlicht es doch den explorativen Charakter der Mertensschen Studien, bei denen, im Sinne der von Horst Bredekamp formulierten „zeichnenden Denkkraft", der Prozess der endgültigen Formfindung - hier in Form einer Auseinandersetzung mit den Bildmedien Karte, Tabelle und Diagramm - die inhaltliche Ebene bei weitem überlagert. So war es auch der methodisch-empirische Apparat als solcher, der mit visuellen Mitteln vollzogene Schritt von der Observation zur Abstraktion, vom Subjekt zum Objekt, von der Historiografie zur Historizität, von der Assoziation zur Evidenz, der sich im Lauf der Untersuchung als eigentlicher Kern des Mertenschen Ansatzes herauskristallisierte. Zugleich steht Mertens' Werk auch fürdie nach 1830 großflächig einsetzende Autonomisierung der Datenerhebung auf kunsthistorischem Gebiet, die sich etwa in seiner Anwendung geografischer und statistischer Methoden auf die Kunstgeschichte ausdrückt und die geistes- und wissenschaftshistorisch eine Entsprechung zur universalhistorischen operierenden Kunstgeschichtsschreibung eines Karl Schnaase oder Franz Kugler darstellt. 'Modern' war Mertens' operatives bildgebendes Verfahren insofern, als es sich vom konventionellen illustrativen Gebrauch der abbildhaften Reproduktion löste. Somit führt der Nachlass Mertens nicht nur zurück zu den Anfängen der Institutionalisierung und Vewissenschaftlichung des Faches Kunstgeschichte, sondern verdeutlicht zugleich deren historisch gleichsam legitimierte Nähe zur noch jungen Nachbardisziplin Bildwissenschaft. In diesem interdisziplinären Ansatz liegt eine viel versprechende Anwendungsperspektive für das Thema - zumal die Mertenssche Systematik Probleme vorwegnahm, die sich im digitalen Zeitalter bei der Verwaltung und Vernetzung stetig anwachsender Datenmengen stellen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Der Berliner Bauforscher Franz Mertens, die 'Schule von Franzien' und der Kölner Dom. Zur Verwissenschaftlichung der Architekturhistoriographie in Deutschland und Frankreich um 1840, in: Kölner Domblatt. Jahrbuch des Zentral-Dombau-Vereins, im Auftrage des Vorstandes hg. v. Barbara Schock-Werner und Rolf Lauer, 70 (2005), 8. 201-236
    Wolfgang Cortjaens
  • Modelllandschaft Rhein-Maas? Topographische und kulturpolitische Ordnungskriterien in der preußischen Kunstgeschichte des Vormärz: Karl Schnaase, Franz Kugler und Franz Mertens und die Konstruktion nationaler und regionaler 'Schulen', in: Wolfgang Cortjaens, Jan De Maeyer und Tom Verschaffel (Hg.): Historism and Cultural Identity in the Rhine-Meuse Region. Tensions between Regionalism and Nationalism (= KADOC Artes 10), Leuven University Press 2008, S. 95-111
    Wolfgang Cortjaens
  • Notizen aus der Provinz: Der Berliner Bauforscher Franz Mertens und die Tagebücher seiner Rheinreisen 1830 und 1835, in: Heimatkalender des Kreises Heinsberg 2012, Heinsberg 2011, S. 119-132.
    Wolfgang Cortjaens
  • Observation und Abstraktion: Narrative und visuelle Aneignungsstrategien in Franz Mertens’ Denkmal-Karte (1840/1864). in: Stil-Linien diagrammatischer Kunstgeschichtsschreibung. 2014, S.150-167.
    Wolfgang Cortjaens
  • Stil-Linien diagrammatischer Kunstgeschichte. Tagung am Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik (= Transformationen des Visuellen, Schriftenreihe des Deutschen Dokumentationszentrums für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg, hrsg. von Hubert Locher, Bd. 2) München – Berlin: Deutscher Kunstverlag, 2014
    Wolfgang Cortjaens und Karsten Heck
 
 

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