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Graffiti of young Cairene artists as a mirror of political and social transformations: An analysis of iconographic dynamics and forms of self-positioning (since 2011)

Subject Area Islamic Studies, Arabian Studies, Semitic Studies
Term from 2015 to 2019
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 275495062
 
Final Report Year 2019

Final Report Abstract

Das Forschungsprojekt arbeitete heraus, dass Graffiti im Zeitraum zwischen 2011 und 2014 eine neue Diskursivität in den öffentlichen Raum in Kairo brachten. Es zeigte sich, dass sich junge Kairener Künstler_innen durch Graffiti auf vielfältige Weise in Mauern und Wände der Stadt einschrieben und politisch und sozial positionierten. Die Analyse der Ikonographie ihrer Werke sowie Interviews und teilnehmenden Beobachtungen mit ihnen ergab ein breites Spektrum der Selbstverortungen junger Kairener Kunstschaffender. Für die zunehmende Präsenz von Graffiti im Kairener Stadtbild spielte die seit den Protesten gegen den früheren Präsidenten Hosni Mubarak einsetzende Rückeroberung öffentlicher Räume durch die Bevölkerung eine bedeutende Rolle. Dadurch dass sich die Bevölkerung zunehmend auch an öffentlichen Plätzen politisch artikulierte, entstand auch ein Raum für Graffiti, die Teil der sozio-politischen Diskurse wurden bzw. diese anregten oder andere machtpolitische Narrative erodierten. Diese enge Kopplung an die sozio-politischen Verhältnisse bedeutete aber auch, dass ab Mitte 2014 mit der Rückkehr von staatlicher Repression und Kontrolle des öffentlichen Raums sowie der medialen Diskurse einerseits und einer gleichzeitig einhergehenden allgemeinen Politikverdrossenheit und Angst vor freier Meinungsäußerung andererseits, die Graffiti-Szene an Momentum verlor. Ein Rückzug ins und Fokus aufs Private war nicht nur in der Kunst- und Graffiti-Szene zu beobachten, sondern ein breites, weite gesellschaftliche Schichten umspannendes Phänomen. Die Beweggründe dafür waren unter anderem stark geprägt von einem Bedürfnis nach politischer Stabilität. Innerhalb der Graffiti-Szene wurde dies ebenfalls wahrgenommen und diskutiert. So äußerten manche der interviewten Graffiti-Künstler_innen nach 2014 nicht nur ihre Angst vor Inhaftierung, sondern bezifferten Wirkung und den Nutzen weiterer politischer und Regime-kritischer Graffiti als gering, da der Blick der Bevölkerung für sie nicht mehr gegeben sei. Es erfolgte ein Rückzug ins Private weiter Teile der Bevölkerung sowie der Graffiti-Szene. Der Künstler Abo Bakr beispielsweise verlagerte seine Tätigkeit, indem er seine Graffiti nicht mehr an Mauern und Wände an zentralen öffentlichen Plätzen anbrachte, sondern innerhalb von Sufi-Schreinen und sufischen Festivals. Sein Ansatz ist dabei, Graffiti weiterhin eine Präsenz zu ermöglichen, aber eine Zensur zu vermeiden, indem er sie mit religiösen rituellen Elementen verknüpft. Durch diese Verankerung im Alltäglichen schafft er eine Kontinuität dieser visuellen Kultur und trägt weiterhin dazu bei, sie als selbstverständlichen Teil der städtischen Landschaft zu etablieren.

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