Detailseite
Projekt Druckansicht

Unstetiges Wasser und das hydrosoziale Anthropozän: eine vergleichende Studie vom Leben in großen Flussdeltas

Fachliche Zuordnung Ethnologie und Europäische Ethnologie
Humangeographie
Förderung Förderung von 2016 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 276392588
 
Erstellungsjahr 2024

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Unstetiges Wasser untersuchte das Alltagsleben in vier Flussdeltas und konzentrierte sich dabei auf die Zusammenhänge zwischen einer sich wandelnden materiellen Landschaft und sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Transformationen. Auf der Grundlage ethnografischer Studien stellte das Projekt die übliche Herangehensweise an das Leben in Flussdeltas durch Fernerkundung und große Datensätze auf den Kopf. Die Projektmitarbeiter:innen führten ethnografische Feldforschung im Ayeyarwady-Delta (Myanmar), Mackenzie-Delta (Kanada), Parnaíba-Delta (Brasilien) und Sine-Saloum-Delta (Senegal) durch. Sie entwickelten den Begriff "Unstetigkeit" (volatility) für sozio-materielle Analysen, um die stets ungewissen und potenziell tiefgreifenden Veränderungen im Leben der Deltabewohner:innen hervorzuheben. Lebensweisen im Delta beschrieben sie als Aspekte eines "hydrosozialen Anthropozäns", um den umfassenden Anspruch des Anthropozän-Diskurses mit konkreten und historisch spezifischen Beziehungen zu Wasser zu erden. Zu den Hauptergebnissen des Projekts gehören die Analyse der situierten Praktiken in sich rasch wandelnden Landschaften und der Vergleich zwischen Weltregionen. Die Forschung entwickelte eine theoretische Grundlage für die ethnologische Annäherung an unstete Flussdeltas und konzentrierte sich auf Bewegungen, Rhythmen und andere Dynamiken, die sowohl materielle als auch soziokulturelle Prozesse in Flussdeltas charakterisieren. Das Projekt experimentierte mit Methoden, um dieses Leben ethnographisch zu erforschen, von Spaziergängen und Bootsfahrten bis hin zum Umgang mit der allgegenwärtigen Unsicherheit, die nicht nur Leben im Delta, sondern auch die ethnographische Forschungspraxis prägt. Das Projekt erarbeitete schriftliche, filmische, kuratorische und andere Darstellungsformern der Ergebnisse. Es entstanden akademische Publikationen sowie Veröffentlichungen für ein breiteres Publikum z.B. eine Museumsausstellung, ein Bildband und audiovisuelles Material; die Produktion eines Comics ist derzeit in Arbeit. In allen Veröffentlichungen wird betont, dass die klimatischen, hydrologischen und wirtschaftlichen Krisen, die Flussdeltas als Hotspots des globalen Wandels kennzeichnen, für Deltabewohner:innen im Zusammenhang mit einer Reihe bereits länger bestehender und oft noch dringenderer Probleme von Bedeutung sind, wie z. B. politischen Bedingungen, kolonialem Erbe oder soziokultureller Marginalisierung. Was von oben wie neue Krisen aussieht, sind daher von unten betrachtet neue Facetten älterer Herausforderungen. Deltabewohner:innen legen oft eine bemerkenswerte Resilienz angesichts der großen Herausforderungen an den Tag. Das Projekt dokumentiert die bemerkenswerten Improvisationen, mit denen sie seit langem über die Runden kommen, sowie ihre Einstellung zu dem, was für Außenstehende wie radikale Umbrüche aussehen mag. Wo manche Menschen Katastrophen und Veränderungen sehen, sehen Deltabewohner:innen vielleicht Routine und Kontinuität.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung