Messtechnische Absicherung eines Bohrprozesses bei bildgestützten minimalinvasiven Eingriffen am Beispiel der Otobasis
Medizinische Physik, Biomedizinische Technik
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ziel des Forschungsprojektes Mambo 2 war die Entwicklung eines intraoperativen Assistenzsystems für ein handgehaltenes Bohrgerät für minimalinvasive Bohrungen für die Cochlea Implantation. Dazu sollte ein Modell aufgestellt werden, welches in der Lage ist, den intraoperativen Flurschaden einer Bohrung auf Grund der Temperatur vorherzusagen und dem Chirurgen entsprechend Handlungsempfehlungen anzuzeigen, die die Bohrung absichern können. Die Temperaturdaten, die dafür benötigt werden, werden mit dem in der ersten Projektphase entwickelten und in dieser Projektphase überarbeiteten Bohrer mit integrierter Temperatur- und Schallsensorik aufgenommen. Im Rahmen der Überarbeitung wurde ein verkleinerter Durchmesser, eine größere Bohrerlänge sowie eine auf die Temperaturentwicklung bei der Bohrung optimierte Bohrergeometrie gewählt. Um die Abhängigkeit der Energieversorgung von der Bohrerrotation zu umgehen, wurde eine Energieversorgung mittels Induktion in einem Gehäuse am Bohrerschaft verbaut. Minimalinvasive Bohrungen werden derzeit nicht handgeführt, sondern ausschließlich mit robotischer Unterstützung durchgeführt. In ausführlichen Diskussionen mit den Kooperationspartnern und weiterem medizinischem Fachpersonal hat sich herausgestellt, dass in Zukunft kein Bestreben nach diesen handgeführten Bohrungen besteht. Zudem ist es für den Chirurgen eine weitere Belastung, wenn ein zusätzliches Gerät in den Operationssaal integriert wird, auf das der Chirurg achten und gegebenenfalls reagieren muss. Aus diesem Grund fokussierte sich die weitere Entwicklung auf den robotischen Eingriff am in der ersten Förderphase erstellten Demonstrator. Für die Entwicklung der Modelle zur Temperaturvorhersage während der Bohrungen wurden zahlreiche Versuchsdaten an homogenem Knochenäquivalent, gestapelten Knochenäquivalentstacks sowie Material tierischen und menschlichen Ursprungs durchgeführt. Während der Versuche wurde ein möglichst großer Parameterraum abgedeckt, um sowohl Temperaturkurven zu erzeugen, die zu einer Schädigung geführt hätten, als auch jene, die zu einer sicheren Bohrung geführt hätten. Nach einer Analyse verschiedener Machine Learning Algorithmen wurde eine Light Gradient Boosting Machine für das weitere Vorgehen der Ableitung von Handlungsempfehlungen gewählt. Anhand eines Vergleichs des aktuell vorliegenden Bohrverlaufs mit dem potentiellen Bohrverlauf aus den Trainingsdaten kann das Modell angepasste Bohrprozessparameter vorschlagen. Testversuche haben gezeigt, dass die angepassten Bohrprozessparameter zu einem reduzierten CEM43 führen. Für die Beurteilung der Schadhaftigkeit einer Bohrung wird derzeit der CEM43-Wert herangezogen. Dieser Wert stellt, neben einer histologischen Untersuchung des Gewebes, die einzige Metrik dar, mit der eine solche Beurteilung möglich ist. Diese Metrik ist jedoch nicht vorhersagbar, weshalb allein die Temperaturkurven und Schalldaten herangezogen werden sollten. Während der Bearbeitung des Projektes traten einige Hürden auf, die es zu überwinden galt. Zum einen waren Laborflächen auf Grund der Corona Pandemie nicht zugänglich, was die Aufnahme von Versuchsdaten erschwert und verzögert hat. Zum anderen konnten relevante Komponenten des Bohrers auf Grund der Chipkrise nicht beschafft werden. Auch dies hat die Erstellung des finalen Bohrers deutlich verzögert. Zudem war die Identifikation möglicher Fertiger für den Zugang zum Bohrer langwierig. Auch die anschließende Fertigung verzögerte sich auf Grund von Personalengpässen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Metrological Support of Medical Drillings at the Lateral Skull Base. Current Directions in Biomedical Engineering, 7(1), 171-175.
Knott, Anna-Lena; Kristin, Julia; Schipper, Jörg; Klenzner, Thomas; Prinzen, Tom & Schmitt, Robert H.
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Suitability Analysis of Industrial Drills for Minimally Invasive Skull Base Surgery. Current Directions in Biomedical Engineering, 8(1), 93–96.
Knott, Anna-Lena; Prinzen, Tom; Klenzner, Thomas; Schipper, Jörg; Kristin, Julia & Schmitt, Robert H.
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Contactless Energy Supply for Medical Drill with Integrated Temperature Sensor. Current Directions in Biomedical Engineering, 10(2), 79-82.
Knott, Anna-Lena; Sanders, Mark; Prinzen, Tom; Klenzner, Thomas; Schipper, Jörg; Kristin, Julia & Schmitt, Robert H.
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Kalibrierung und Messunsicherheitsbetrachtung eines medizinischen Bohrers mit integrierter Temperatursensorik zur Minimierung des Patientenrisikos bei minimalinvasiven Bohrungen an der lateralen Schädelbasis. tm - Technisches Messen, 91(7-8), 369-379.
Knott, Anna-Lena; Huber, Meike; Karakus, Ugur; Müller, Tobias & Schmitt, Robert H.
