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Franz Ehrlich. Biographie und Werkverzeichnis

Fachliche Zuordnung Architektur, Bau- und Konstruktionsgeschichte, Bauforschung, Ressourcenökonomie im Bauwesen
Förderung Förderung von 2015 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 281316174
 
Erstellungsjahr 2024

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Der Architekt und Designer Franz Ehrlich (1907–1984) studierte am Bauhaus Dessau. Er engagierte sich im antifaschistischen Widerstand, weshalb er 1937 ins KZ Buchenwald verbracht wurde. Dort arbeitete er als Häftling, nach seiner Entlassung als Zivilangestellter in der Bauleitung des KZ und entwarf Möbel, Dekorationsobjekte und Gebäude – unter anderem auch den berühmten Schriftzug „Jedem das Seine“ im Tor zum Häftlingslager. Von 1941-1943 arbeitete er dann als Architekt im SS-Hauptamt Haushalt und Bauten/SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamt in Berlin; aus dem Widerstandskämpfer war also ein Kollaborateur, wenn nicht gar ein Mittäter geworden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wollte er sich am Aufbau des Sozialismus in der DDR beteiligen. Sein bekanntestes architektonisches Werk ist das Rundfunkhaus Nalepastraße in Berlin, bis 1990 Sitz des Rundfunks der DDR, sein bekanntestes Möbel die weitverbreitete Typenmöbelserie 602, die von den Deutschen Werkstätten Hellerau hergestellt wurde. Im Forschungsprozess zeigte sich, dass viele über Jahrzehnte verbreitete Wissensbestände über Ehrlich einer kritischen Überprüfung nicht Stand halten. Sowohl in der der DDR der 1980er- als auch im wiedervereinigten Deutschland der 1990er-Jahren hat sich ein stark überhöhtes Bild des Bauhäuslers Ehrlich etabliert. Dabei wurden der von Ehrlich selbst vermittelte berufliche Werdegang unkritisch übernommen und ihm dadurch wiederholt Werke zugeschrieben, deren Autor er nach Archivlage offensichtlich nicht ist. Ein wesentliches Forschungsergebnis des Projektes ist also, vorherrschende Narrative – man könnte auch sagen: Mythen – über Ehrlich zu dekonstruieren. Durch umfassende Archivrecherchen konnte nun ein realeres Bild von Ehrlichs Biografie und Werk erstellt werden. Zusammengefasst sind die Forschungsergebnisse in einer umfassenden Biografie, die 2022 unter dem Titel Gefangen in der Titotalitätsmaschine im Suhrkamp Verlag veröffentlicht wurde. Einer breiten Öffentlichkeit wurden die Ergebnisse in der Installation Denkmal über Ehrlichkeit zugänglich gemacht, die 2024 von der Klassik Stiftung Weimar in der Ausstellung „Bauhaus und Nationalsozialismus“ gezeigt wurde und auch darüber hinaus im Bauhaus-Museum Weimar zu besichtigen ist. Die Auseinandersetzung mit Ehrlich gründet sich nicht in der künstlerischen Qualität seines Werkes, sondern in seinem komplexen Lebensweg, der maßgeblich von den symbolpolitisch stark aufgeladenen Polen »Bauhaus« und »Buchenwald« geprägt wurde. Ehrlich führt uns zu den Abgründen der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts; an seinem Leben und Werk wird das ambivalente Verhältnis von Bauhaus und Nationalsozialismus, Moderne und totalitärer Herrschaft greifbar.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • »Franz Ehrlich. Architekt, Designer, Künstler«, in: Lerchenfeld, Februarheft 2016, S. 17-19
    Borries, Friedrich von & Fischer, Jens-Uwe
  • »Hommage an Franz Ehrlich«, in: die architektin, 2018, Heft 3, S. 76-77
    Borries, Friedrich von & Fischer, Jens-Uwe
  • »Franz Ehrlich. Ein Bauhäusler im antifaschistischen Widerstand und im Konzentrationslager«, in: Bauhaus Sachsen, herausgegeben von Olaf Thormann im Auftrag des Grassi-Museum Leipzig, Stuttgart: Arnoldsche, S. 387-391. (ISBN 978-3-89790-553-5)
    Borries, Friedrich von & Fischer, Jens-Uwe
  • Gefangen in der Titotalitätsmaschine. Der Bauhäusler Franz Ehrlich, Berlin: Suhrkamp. (ISBN 978-3518128015)
    Borries, Friedrich von & Fischer, Jens-Uwe
  • Franz Ehrlichs Werk in 43 Stichworten. Gestaltung zwischen Bauhaus, Buchenwald und Sozialismus, Hamburg: Promotionsschrift HFBK Hamburg
    Fischer, Jens-Uwe
  • »Franz Ehrlich. Zwischen Widerstand und Kollaboration«, in: Bauhaus und Nationalsozialismus, herausgegeben von Anke Blümm, Elizabeth Otto und Patrick Rössler, München: Hirmer, S. 78-81. (ISBN 978-3-7774-4337-9)
    Fischer, Jens-Uwe
 
 

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