Einfluss Ionischer Flüssigkeiten auf Enzym-katalysierte Reaktionen
Chemische und Thermische Verfahrenstechnik
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Anwendung thermodynamischer Prinzipien auf biochemische (enzymkatalysierte) Reaktionen ermöglichte die Vorhersage von Ausbeuten und die Identifizierung von Additiven, die eine Verbesserung der Edukt-Löslichkeit, Gleichgewichtslage und Enzymstabilität führen. Fundierte Kenntnisse der thermodynamischen Eigenschaften, insbesondere der Freien Standardreaktionsenthalpie ∆Rg+ und der thermodynamischen Aktivitäten der Reaktanden. ∆Rg+ hängt nur von Temperatur (und vernachlässigbar vom Druck) ab, während die Gleichgewichtslage (Km Wert) eine Funktion von der Zusammensetzung des Mediums ist, was durch Aktivitätskoeffizienten der Reaktanden erklärt werden kann. Somit hängt Km von der Temperatur, den Konzentrationen der Reaktanden, der Anwesenheit von Additiven und dem Lösungsmittel ab, in dem eine Reaktion stattfindet. Diese Abhängigkeit der Km-Werte wurden in diesem Projekt für mehrere enzymkatalysierte Reaktionen vermessen. Das thermodynamische Modell ePC-SAFT wurde benutzt, um die Aktivitätskoeffizienten der Reaktanden vorherzusagen. Dabei wurden Parameter nur an experimentelle Daten angepasst, die explizit keine Informationen über die betrachtete Reaktion enthielt, z.B. an Phasengleichgewichtsdaten von meist nur binären Mischungen. Dies lieferte sehr gute Vorhersagen von Km als Funktion der Konzentrationen der Reaktanden und der Additive. Diese Arbeit hat gezeigt, dass die konsistente Behandlung der Aktivitätskoeffizienten der Hauptschlüssel zur Beschreibung und sogar Vorhersage der Gleichgewichtslage enzymkatalysierter Reaktionen ist. Das Additiv Ammoeng110 war in besonderem Maße vorteilhaft für die untersuchten Reaktionen, da es Gleichgewichtslagen auf die Produktseite schob und eine erhöhte Edukt-Löslichkeit erzwang. Zudem wurde die Enzymstabilität unter verschiedenen Bedingungen, speziell unter Additiv-Einfluss validiert. Die erneute Zugabe von Edukt nach Einstellung des Reaktionsgleichgewichtes etablierte sich dabei als die einfachste und schnellste Methode dazu. Diese erlaubt jedoch keinen Einblick in das Verständnis des Additiveinflusses auf die Enzymstabilität. Daher wurden die Entfaltungstemperatur sowie die Stabilität charakteristischer Enzymstrukturen bei Änderung der Reaktionsbedingungen (z.B. Additiv- Zugabe) gemessen. Dies ermöglichte Einblicke in die Auswirkung von Temperatur, pH-Wert und Additiv-Zugabe auf die Stabilität von Enzymen. Das interessanteste Ergebnis war, dass die untersuchten Additive (Osmolyte, Harnstoff, Salze, ILs) die betrachteten Enzyme (Lysozym, ADH, ALAT) gleichermaßen beeinflussten, und dass wiederum das Additiv Ammoeng110 für die größte Stabilitätssteigerung sorgte. Zusammenfassend lässt sich schließen, dass der Erfolg dieses Projektes gezeigt hat, dass die Thermodynamik ein leistungsfähiges Instrument zur Vorhersage des Gleichgewichtes enzymkatalysierter Reaktionen unter Einfluss von Änderungen im Reaktionsmedium (Temperatur, pH, Konzentrationen, Additiv-Zugabe) ist. Basierend auf den gezeigten Ergebnissen können in der Systembiologie angewandte Werkzeuge reale Standardreaktionsdaten anstelle von beobachtbaren (scheinbaren) Daten verwenden, die von den Reaktionsbedingungen abhängen. Weiterhin können industrielle Reaktionen hinsichtlich der Ausbeute, Edukt-Löslichkeit und Enzymstabilität weiter optimiert werden. In Folgeprojekten wurde der Ansatz bereits auf die aktivitätsbasierte Betrachtung der Enzymkinetik erweitert, so dass nun eine komplette Beschreibung, sogar eine Vorhersage dynamischer Prozesse (enzymkatalysierte Reaktionen) bis zur Einstellung des Gleichgewichts unter verschiedensten Prozessbedingungen möglich ist. Es soll an dieser Stelle abschließend erwähnt werden, dass der Schlüssel die Aktivitätskoeffizienten der Reaktanden im Gemisch sind, da die Konzentration des katalysierenden Enzyms (und somit dessen thermodynamische Aktivität) in diesem Projekt extrem gering waren und auf thermodynamische Abläufe keine Auswirkung hatten.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Thermodynamik der Alanin-Aminotransferase-Reaktion. Thermodynamik Kolloquium, 2015 5.-7. Oktober 2015, Bochum
Matthias Voges, Gabriele Sadowski, Christoph Held
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Influence of reaction media and additives on thermodynamics of enzymatic reactions. Green Solvents Conference 2016 Oktober 16, Kiel
Matthias Voges, Gabriele Sadowski and Christoph Held
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Influence of Natural Solutes and Ionic Liquids on the Yield of Enzyme-Catalyzed Reactions: Measurements and Predictions. Organic Process Research & Development, vol. 21, pp. 1059-1068, 2017
Voges M.; Fischer C.; Wolff D.; Held C.
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Influence of pH Value and Ionic Liquids on the Solubility of l-Alanine and l-Glutamic Acid in Aqueous Solutions at 30 °C. Journal of Chemical & Engineering Data, vol. 62, pp. 52-61, 2017
Voges M.; Prikhodko I. V.; Prill S.; Hübner M.; Sadowski G.; Held C.
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Measuring and Predicting Thermodynamic Limitation of an Alcohol Dehydrogenase Reaction. Industrial & Engineering Chemistry Research, vol. 56, pp. 5535-5546, 2017
Voges M.; Fischer F.; Neuhaus M.; Sadowski G.; Held C.
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Reaction Equilibrium of the ω-Transamination of (S)-Phenylethylamine: Experiments and ePC-SAFT Modeling. Organic Process Research & Development, vol. 21, pp. 976-986, 2017
Voges M.; Abu R.; Gundersen M. T.; Held C.; Woodley J. M.; Sadowski G.
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Oil desulfurization using deep eutectic solvents as sustainable and economical extractants via liquid-liquid extraction: Experimental and PC-SAFT predictions. Fluid Phase Equilibria, vol. 467, pp. 33-44, 2018
Warrag S. E. E.; Pototzki C.; Rodriguez N. R.; van Sint Annaland M.; Kroon M. C.; Held C.; Sadowski G.; Peters C. J.
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5-Hydroxymethylfurfural Synthesis in Nonaqueous Two-Phase Systems (NTPS)–PC-SAFT Predictions and Validation. Organic Process Research & Development, vol. 24, pp 1052-1062, 2020
Knierbein M.; Voges M.; Held C.