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Kalkulieren, Handeln, Wahrnehmen. Für eine neue Methodik der spätmittelalterlichen Wirtschaftsgeschichte

Fachliche Zuordnung Mittelalterliche Geschichte
Förderung Förderung von 2015 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 282895535
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Wirtschaftsgeschichte allgemein wies seit der quantitativen Wende der internationalen Wirtschaftsforschung eine methodische Spaltung zwischen quantitativ und qualitativ arbeitenden ForscherInnen auf. Diese Spaltung kann nur überwunden werden, indem man versucht, beide Zugriffe in einen Dialog zu bringen. Dies ist uns mit unserem DFG-Netzwerk und dem von uns verfassten Handbuch gelungen. Zudem ist die vormoderne Wirtschaftsgeschichte nicht nur vom Problem methodischer Unschärfe und einer schwierigen Quellenlage betroffen, sondern sie taucht kaum in epochenübergreifenden Handbüchern zur Wirtschaftsgeschichte auf. Meist setzen solch allgemeinen Werke erst mit der Zeit der industriellen Revolution ein, während die Antike und das Mittelalter sowie der Beginn der Frühen Neuzeit unterbelichtet bleiben. Dabei entstanden zahlreiche Wirtschaftsinstitutionen und Techniken bereits in der Vormoderne. Dieses Desiderat haben wir mit unserer Arbeit verringert, indem wir die Methoden einer vormodernen Wirtschaftsgeschichte in der Schwellenzeit (1300 bis 1600) ins Zentrum unseres Handbuchs stellen und damit einen Überblick über aktuelle Ansätze für Forschung und Lehre in diesem Bereich bereitstellen. Durch die allgemein verständliche Aufmachung des Buchs mit Einführungskapiteln, Glossaren zu Methoden und Quellen sowie Fallstudien aus der Forschung erhalten Studierende wie Lehrende eine gute und anwendungsorientiertes Lehrwerk als Grundlage für die Arbeit im Bereich der vormodernen Wirtschaftsgeschichte. Die englischsprachige Publikation erhöhte eindeutig die Reichweite des Werks und die Nachhaltigkeit seiner Rezeption. Der Projektverlauf kann als sehr konstruktiv und produktiv beschrieben werden. Im Zeitraum der aktiven Arbeit des Netzwerks seit 2015 bis 2019 haben wir sechs Treffen abgehalten und das Methodenhandbuch auf englisch veröffentlicht. Sehr produktiv waren auch die Treffen mit externen Expertinnen, die ihr Wissen uns ihre verschiedenen methodischen Sichtweisen sehr gewinnbringend in die Diskussion einbrachten. Die recht große Gruppe von AutorInnen zu motivieren, die Arbeit zu strukturieren und zugleich immer wieder offen für neue Ideen und Anregungen von außen zu sein, hat uns auch in unserer eigenen Entwicklung als Führungskräfte in vielerlei Hinsicht weitergebracht. Das kooperative Arbeiten, in den Geisteswissenschaften ja immer noch nicht stark verbreitet, erwies sich als anstrengender, aber auch interessanter und produktiver als wir gedacht hätten. Das Buchkonzept haben wir mehrfach verändert, immer wieder auch wegen der guten Anregungen der auswärtigen ExpertInnen. Inhaltlich stellte sich die methodische Vielfalt der Wirtschaftsgeschichte als noch größer als erwartet dar. Ökonomisch geprägte WirtschaftshistorikerInnen arbeiten durchaus nicht nur mit Regressionsanalysen, und die eher historisch arbeitenden KollegInnen verwenden ebenfalls diverse formalisierbare Methoden, auch wenn sie sie nicht immer explizit ausdiskutieren. So konnten wir zeigen, dass die methodische Vielfalt in der Wirtschaftsgeschichte schon in stärkerem Maße besteht als angenommen, und dass für die Kooperation zwischen HistorikerInnen und ÖkonomInnen diverse Brücken recht leicht geschlagen werden können.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Auch Nonnen mussten rechnen können. Zisterziensische Wirtschaft in Frauen- und Männerklöstern am Beispiel der Zisterzen Schöntal an der Jagst und Niederschönenfeld, in: Möhlig, Georg, Nobert Nußbaum und Harald Wolter-von dem Knesebeck (Hgg.): Die Zisterzienser im Mittelalter, Köln [u.a.]: Böhlau Verlag 2017, S. 303–322
    Bruch, Julia
  • Was motivierte spätmittelalterliche Kaufleute? Überlegungen zu Präferenzordnungen und Normorientierungen, in: Jan-Hendryk de Boer, Marcel Bubert (Hgg.), Absichten, Pläne, Strategien. Erkundungen einer historischen Intentionalitätsforschung, Campus: Frankfurt am Main 2018, S. 229-258
    Kypta, Ulla
  • Methods in Premodern Economic History. Palgrave Studies in Economic History. Springer International Publishing.
    Kypta, Ulla; Bruch, Julia & Skambraks, Tanja (Eds.)
  • Markets and their Actors in the Late Middle Ages.
    Skambraks, Tanja; Bruch, Julia & Kypta, Ulla (Eds.)
  • Information und Diversifikation, Prävention und Resilienz. Wie mittelalterliche Kaufleute für die diesseitige Zukunft vorsorgten und damit ihre jenseitige sicherten, in: Bernd Schneidmüller, Klaus Oschema (Hgg.), Zukunft im Mittelalter. Zeitkonzepte und Planungsstrategien, Ostfildern: Thorbecke 2021, S. 229-256
    Kypta, Ulla
  • Klöster und Wirtschaft (9.–14. Jahrhundert), in: Albert, Marcel (Hg.): Handbuch der Benediktinischen Ordensgeschichte, Bd. 1: Von den Anfängen bis in das 14. Jahrhundert, St. Ottilien: EOS Editions Sankt Ottilien 2022, S. 585–604
    Bruch, Julia
  • Materielle Kulturen mittelalterlicher Kreditbeziehungen, Themenheft: Das Mittelalter. Perspektiven mediävistischer Forschung, Berlin: DeGruyter 2022
    Tanja Skambraks; Stephan Nicolussi-Köhler & Sebastian Steinbach
  • Karitativer Kredit.
    Skambraks, Tanja
  • Kooperation unter Kaufleuten zwischen 1300 und 1600, in: Noray Dinçkal, Matthias Weipert, Astrid Windus (Hgg.), Handel, Macht, Kapital. Historische Dimensionen wirtschaftlichen Handelns (= Historica et Didactica, Fortbildung Geschichte, Bd. 12), universi: Siegen 2023, S. 37-49
    Kypta, Ulla
  • Negotiating Moral Economy. Religion and Economy from Antiquity to the 20th century, London: Palgrave 2023
    Tanja Skambraks & Martin Lutz
 
 

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