Neurostimulation zur Behandlung beeinträchtigter pharyngealer Afferenz als Ursache für neurogene Dysphagien
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Da der Schluckakt in komplexer Weise innerhalb des Nervensystems koordiniert wird, stellt die Dysphagie ein häufiges und prognosebestimmendes Symptom vieler neurologischer Erkrankungen dar. Dabei scheinen die schlaganfallbedingte Dysphagie sowie die Postextubations-Dysphagie in erheblichem Umfang durch eine zentrale und periphere pharyngeale Hypästhesie mitverursacht zu sein. Das Ziel des aktuellen Projekts bestand daher in der Untersuchung des therapeutischen Effekts der transkraniellen Gleichstromstimulation und der pharyngealen Elektrostimulation als innovative Therapieansätze auf die gestörte Rachensensibilität als Ursache der schlaganfallbedingten und Postextubations-Dysphagie. Zunächst konnte die Relevanz der pharyngealen Sensibilitätsstörung für das Auftreten und den Schweregrad einer Schluckstörung bei akuten Schlaganfallpatienten differenziert nachgewiesen werden. Im Anschluss wurde mit dem Schlucklatenztest ein endoskopischer Test zur Quantifizierung der pharyngealen Hypästhesie im klinischen Alltag etabliert. Da schwerkranke Dysphagiepatienten nicht mit komplexen Bildgebungsmethoden für grundlagenorientierte Fragestellungen untersucht werden können, wurde in MEG-basierten Studien zunächst ein virtuelles Läsionsmodell für die pharyngeale Hypästhesie etabliert und nachfolgend für die vergleichenden Evaluation von tDCS und PES genutzt. Ergebnis war, dass die PES als peripher ansetzendes Neurostimulationsverfahren mutmaßlich aufgrund der rein peripheren Ätiologie der Schluckstörung in diesem Modell die geeignetere Behandlungsstrategie darstellte und die zentral ansetzende tDCS insbesondere bei zerebralen Läsionen des Schlucknetzwerks effektiv ist. Letzteres konnten wir in einer randomisierten klinischen Studie zur tDCS in der Dysphagietherapie bei akuten Schlaganfallpatienten belegen und dabei neuronale Reorganisation im MEG mit klinischer Funktionserholung in der FEES korrelieren. Die tDCS wurde zudem mit der individualisierten Multikanal-Stimulation in einer Pilotstudie methodisch weiterentwickelt. Bei intensivmedizinisch behandelten Schlaganfallpatienten konnte die Postextubationsdysphagie als bestimmender Faktor für ein Extubationsversagen oder fehlende Dekanülierbarkeit identifiziert werden. Hier konnten weitere klinische, randomisierte Studien belegen, dass die PES eine wirksame Behandlung zur Verbesserung der Schluckfunktion darstellt, sodass eine zügigere Dekanülierung möglich wird, ein besserer Ernährungsstatus wiedererlangt wird, Reintubationen möglicherweise vermieden werden können und die Pneumonieinzidenz, sowie die Verweildauer gesenkt werden. Durch den Nachweis eines stimulationsinduzierten Anstiegs von Substanz P im Speichel wurde der Wirkmechanismus der PES weiter aufgeklärt und zugleich ein Biomarker zur Beurteilung hinsichtlich eines Therapieansprechens identifiziert, der zukünftig für die Indikationsstellung zur Fortführung der PES-Behandlung dienen kann. Zusammenfassend konnte ein entscheidender Beitrag zum Nachweis der Effektivität der genannten Stimulationsverfahren sowohl klinisch als auch elektrophysiologisch geleistet werden und der Wirkmechanismus beider Methoden weiter aufgeklärt werden. Auf dem Weg hin zur individualisierten Medizin wurden Prädiktoren für ein Therapieansprechen bei beiden Verfahren identifiziert und die Multikanal-tDCS methodisch weiterentwickelt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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2017 „Kortikale Reorganisation bei neurogenen Dysphagien im spontanen Krankheitsverlauf und infolge neuromodulatorischer Therapieinterventionen“, Habilitationsschrift, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
S. Suntrup-Krüger
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Increase of substance P concentration in saliva after pharyngeal electrical stimulation in severely dysphagic stroke patients – an indicator of decannulation success? Neurosignals 2017;25(1):74-87
Muhle P, Suntrup-Krueger S, Bittner S, Ruck T, Claus I, Marian T, Schröder JB, Minnerup J, Warnecke T, Meuth SG, Dziewas R
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Pharyngolaryngeal sensory deficits in patients with MCA-infarction: Lateralisation and relation to overall dysphagia severity. Cerebrovasc Dis extra 2017;7:130–139
Marian T, Schröder JB, Muhle P, Claus I, Riecker A, Warnecke T, Suntrup-Krueger S, Dziewas R
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2018 “Evaluation der transkraniellen Gleichstromstimulation als neuromodulatorischer Therapieansatz in der Behandlung der schlaganfallbedingten Dysphagie”, Medizinische Promotion, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
C. R. Ringmaier
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Introducing a virtual lesion model of dysphagia resulting from pharyngeal sensory impairment. Neurosignals 2018;26:1-10
Muhle P, Claus I, Marian T, Schröder JB, Wollbrink A, Pantev C, Warnecke T, Dziewas R, Suntrup-Krueger S
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Neurophysiological adaptation and neuromodulatory treatment approaches in patients suffering from post-stroke dysphagia. Curr Phys Med Rehabil Rep 2018;6(4): 227–238
Muhle P, Suntrup-Krueger S, Dziewas R
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Randomized trial of transcranial DC stimulation for post-stroke dysphagia. Ann Neurol. 2018 Feb;83(2):328-340
Suntrup-Krueger S, Ringmaier C, Muhle P, Wollbrink A, Kemmling A, Hanning U, Claus I, Warnecke T, Teismann I, Pantev C, Dziewas R
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Constrained maximum intensity optimized multi-electrode tDCS targeting of human somatosensory network. Conf Proc IEEE Eng Med Biol Soc. 2019 Jul;2019:5894-5897
Khan A, Antonakakis M, Vogenauer N, Wollbrink A, Suntrup-Krueger S, Schneider TR, Herrmann CS, Nitsche M, Paulus W, Haueisen J, Wolters CH
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FEES-based assessment of pharyngeal hypesthesia - Proposal and validation of a new test procedure. Neurogastroenterol Motil. 2019 Nov;31(11):e13690
Labeit B, Muhle P, Ogawa M, Claus I, Marian T, Suntrup-Krueger S, Warnecke T, Schroeder JB, Dziewas R
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Targeting the sensory feedback within the swallowing network – reversing artificially induced pharyngolaryngeal hypesthesia by central and peripheral stimulation strategies. Hum Brain Mapp. 2021;42:427 – 438
Muhle P, Labeit B, Wollbrink A, Claus I, Warnecke T, Wolters CH, Gross J, Dziewas R, Suntrup-Krueger S