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Exhibitions of contemporary Polish art in Western Germany 1956-1970. Constellations, intentions, reception

Subject Area Art History
Term from 2015 to 2020
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 284090716
 
Final Report Year 2020

Final Report Abstract

Das Vorhaben untersuchte erstmals umfassend und systematisch Ausstellungen zeitgenössischer polnischer Kunst in der Bundesrepublik zwischen 1956 und 1970. Damit schließt es eine gravierende Forschungslücke und trägt zu einem differenzierten Bild ost-westlicher Kulturbeziehungen in der Zeit des Kalten Krieges bei. Weitaus zahlreicher und lebhafter als heute bekannt oder angenommen, bildeten die Ausstellungskontakte nach Polen einen wesentlichen Bestandteil des westdeutschen Kulturlebens, und sie gediehen nicht nur trotz, sondern auch und gerade wegen des Eisernen Vorhangs: Viele Organisatoren und Unterstützer aus Zivilgesellschaft und Politik bezogen gerade aus den politischen Herausforderungen ihre Motivation. Zugleich erweitert die Untersuchung die Perspektive, indem sie zeigt, dass diese Rezeptionsgeschichte gerade nicht allein im Kontext des Ost-West-Konflikts bzw. des belasteten deutsch-polnischen Verhältnisses zu analysieren ist, sondern auch im Lichte allgemeiner kultur- und gesellschaftsgeschichtlicher Prozesse innerhalb der Bundesrepublik wie der zunehmenden Internationalisierung des Kunstbetriebs oder des Generationswechsels um 1960. Neben der Rekonstruktion von Hintergründen und Entstehungsumständen exemplarischer Ausstellungen galt besonderes Augenmerk der Analyse des ambivalenten Verhältnisses von Kultur und Politik: den komplexen Verflechtungen zwischen beiden Sphären ebenso wie der Eigendynamik, die die Ausstellungsbeziehungen gegenüber der Politik entwickelten. Dabei erwiesen sich gängige Annahmen und Sichtweisen als revisionsbedürftig. So greift beispielsweise eine strikte Trennung zwischen einer Kulturpolitik „von oben“ und zivilgesellschaftlichem Engagement „von unten“ ebenso zu kurz wie das Vorurteil, bei Ausstellungen aus dem „Ostblock“ im Westen habe es sich stets um bloße Propagandaveranstaltungen gehandelt. Vielmehr gilt es das Verhältnis von politischen Steuerungsversuchen und kultureller Eigendynamik von Fall zu Fall immer wieder neu zu analysieren. Kritisch zu hinterfragen ist aber auch die in der Literatur allgegenwärtige „Brückenschlag“-Metaphorik, die die polnisch-westdeutschen Kulturbeziehungen mehr verklärt als erhellt. Die Untersuchungsergebnisse sprechen demgegenüber für eine weniger emphatische Lesart, die kontingente Umstände, (Eigen-)Interessen einzelner Akteure und die alltagsgeschichtliche Dimension der Kontakte und Austauschbeziehungen stärker berücksichtigt. Als wichtige strukturelle Besonderheit der Ausstellungskooperationen erwiesen sich ihre Kontinuitäten: Sie blieben in der Regel keine jeweils einmaligen, in sich abgeschlossenen Unterfangen, sondern zogen weitere Ausstellungen nach sich, und zahlreiche Protagonisten engagierten sich über Jahre oder Jahrzehnte immer wieder für den deutsch-polnischen Austausch speziell auf Ausstellungsebene. Vor diesem Hintergrund ist auch das vorherrschende Bild westlicher Ignoranz gegenüber Kunst aus dem östlichen Europa zu korrigieren. Dies gilt auch für die Rezeption seitens der westdeutschen Kunstkritik, wo vor allem die zeitgenössische abstrakte Kunst aus Polen für Aufsehen sorgte und sich besonderer Wertschätzung erfreute; darüber hinaus avancierte diese zu einem wichtigen polemischen Bezugspunkt in den allgemeinen Kontroversen um die abstrakte Kunst, einem der zentralen kulturellen Streitthemen der jungen Bundesrepublik überhaupt. Angesichts der enormen Präsenz und Resonanz polnischer Kunst im westdeutschen Kulturbetrieb der späten 1950er und 1960er Jahre stellt sich umso mehr die Frage, weshalb dies so schnell wieder in Vergessenheit geraten konnte und polnische Nachkriegskunst in der deutschsprachigen Kunstgeschichte bis heute einen weitgehend blinden Fleck darstellt. Das landläufige Argument vom trennenden Eisernen Vorhang liefert angesichts der intensiven Austausch- und Transferbeziehungen keinen befriedigenden Erklärungsansatz. Hier bietet die Untersuchung Anknüpfungspunkte für weiterführende, grundlegende Forschungsfragen und Diskussionspunkte, sowohl zur Erinnerungsgeschichte als auch zur Geschichte der Kunstgeschichtsschreibung und deren Mechanismen der Kanonbildung.

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