Poetik des Erfolgs. Institutionelle und narrative Dimensionen von Erfolgsratgebern (1900-1933)
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Etwa um 1900 formiert sich das moderne Ratgeber-Genre auf dem deutschen Buchmarkt. Gemeint sind damit Bücher und Broschüren, die nicht mehr nur Anleitungen für bestimmte Aspekte des Lebens geben wollen, sondern Hilfe zur Selbsthilfe für den Erfolg im Leben überhaupt in Aussicht stellen. Das Forschungsprojekt, das nicht zuletzt durch die Zentralstellung der Kategorie Erfolg im Kontext der Geschichte der Technologien des Selbst verortet werden kann (Selbstführung, Selbstoptimierung), hat auf der Basis eines umfangreichen Materialkorpus erstmals eine Typologie der unterschiedlichen Formen von Ratgebern aus einer literaturwissenschaftlich-diskursanalytischen Perspektive entworfen. Besonders fokussiert wurde dabei die narrative Dimension (welche Rolle spielen biographische und autobiographische Erzählungen, Krankengeschichten, Beispielerzählungen sowie basale Narrative?) und die institutionelle Dimension (auf welches Wissen und welche Autoritäten beziehen sich die Ratgeber, wie definieren sie die Beziehung zu ihren Adressaten, wie stützen sie ihn bei der Einrichtung des Lebens?). Die Untersuchungen haben gezeigt, dass sich bereits ein weites Spektrum der heutigen Ratgeberkultur in den Jahren zwischen 1890 und 1933 ausgebildet hat, und dass einige langlebige Ratgeber-Konzepte bis in die Gegenwart fortbestehen. Überraschend war unter anderem der Befund, dass die Machtergreifung 1933 keine Zäsur im Ratgebergenre bedeutet hat.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2017): Rat geben. In: Matías Martínez (Hg.): Erzählen. Ein interdisziplinäres Handbuch. Stuttgart/Weimar: J.B. Metzler 2017, S. 296-273
Peeters, Wim
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(2017): ‚Meine Nervosität‘. Der autobiographische Fall in Nervenheilratgebern um 1900. In: DIEGESIS. Interdisziplinäres E-Journal für Erzählforschung / Interdisciplinary E-Journal for Narrative Research 6.2 (2017). 71-90
Gruner, Horst / Peeters, Wim
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(2017): „Bilder des ‚überflüssigen‘ und des ‚erfolgreichen‘ Menschen um 1930.“ In: Monatshefte 109 (2) (2017), Special Issue: Weimar Photography in Context. Ed. by Carolin Duttlinger and Silke Horstkotte, S. 243-254
Peeters, Wim
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(2018): Glück durch Erfolg. Über die narrative Verfasstheit von Glück in der modernen Ratgeberliteratur (1900-1933). In: Sylvie Le Moël und Elisabeth Rothmund (Hg.): Theoretische und fiktionale Glückskonzepte im deutschen Sprachraum. Berlin: Frank und Timme Verlag 2018, S. 263-280
Peeters, Wim/Gruner, Horst
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(2018): Lukács’ Reflexion über „große Männer“ und die „Lebensfähigkeit“ der Literatur. In: Rüdiger Dannemann, Maud Meyzaud und Philipp Weber (Hg.): Hundert Jahre „transzendentale Obdachlosigkeit“. Georg Lukács’ Theorie des Romans neu gelesen. Bielefeld: Aisthesis Verlag 2018, S. 137-150
Peeters, Wim
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(2019): Mit Erfolg konformieren. König „Erfolg“ (1899) von Anton von Perfall. In: Jessica Güsken, Christian Lück, Wim Peeters und Peter Risthaus (Hg.): Konformieren. Festschrift für Michael Niehaus. Heidelberg: Synchron. Wissenschaftsverlag der Autoren 2019, S. 121-139
Peeters, Wim
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(2021) Die Krise der Tat. Zu einem basalen Narrativ der Erfolgsratgeberliteratur (1912-1940). In: Iuditha Balint und Thomas Wortmann (Hg.): Krisen erzählen. Paderborn: Wilhelm Fink Verlag 2021, 57-74
Peeters, Wim
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(2021): Entschiedenheit. Zur Frage des Entscheidens in Lebenshilfe- Ratgebern im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. In: Philip Hoffmann-Rehnitz, Matthias Pohlig, Tim Rojek und Susanne Spreckelmeier (Hg.): Semantiken und Narrative des Entscheidens (Kulturen des Entscheidens 4), Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2021
Niehaus, Michael
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(2022): Gesunde Nerven. Zur Poetik von Nervenheilratgebern um 1900. In: Cornelius Borck et al. (Hg.): Thomas Mann und die Neurasthenie (Thomas-Mann-Studien). Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann
Gruner, Horst