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Thermoresponsive Polymerbeschichtungen zur Kontrolle der synaptischen Übertragungsrichtung in künstlichen neuronalen Netzwerken in vitro

Fachliche Zuordnung Mikrosysteme
Förderung Förderung von 2016 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 290023374
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ein wichtiges Ziel der Neurowissenschaften ist das Verständnis der komplexen und zugleich faszinierenden, hochgeordneten Vernetzung der Neurone im Gehirn, welche neuronalen Prozessen wie zum Beispiel dem Lernen wie auch Neuropathologien zu Grunde liegt. Für detaillierte Studien zum Verständnis dieser Prozesse sind neuronale Zellkulturmodelle mit geordneten neuronalen Verbindungen erforderlich. Mit Oberflächenstrukturen aus zellattraktiven und zellabweisenden Beschichtungen oder topografischen Mikrostrukturen können neuronale Zellen und ihre Neurite in vitro strukturiert werden. Zur Kontrolle der neuronalen Verbindungsrichtung muss das Auswachsen der Axone zu benachbarten Zellen dynamisch gesteuert werden, zum Beispiel über eine veränderliche Zugänglichkeit der Oberfläche. In diesem Projekt wurde untersucht, ob mit thermoresponsiven Polymeren (TRP) beschichtete Zellkultursubstrate für eine dynamische Kontrolle des Auswachsens neuronaler Zellen geeignet sind. TRP können über die Temperatur von einem zellabweisenden in einen zellattraktiven Zustand geschaltet werden, womit die Zugänglichkeit der Oberfläche für Zellen dynamisch gesteuert werden kann. Die TRP-Beschichtung wurde mikrostrukturiert, um einzelne oder wenige neuronale Zellkörper zunächst auf der Oberfläche anzuordnen und das Auswachsen der Zellen und Neuriten über definierte TRP-Bereiche in Abhängigkeit der Temperatur zeitlich und räumlich zu kontrollieren. Das Protokoll wurde mit der Neuroblastom Zelllinie SH-SY5Y etabliert. Die Anordnung der Zellen konnte bei Kultivierung im zellabweisenden Zustand des TRPs mehrere Tage aufrechterhalten werden. Für primäre Nervenzellen war mit den zur Verfügung stehenden TRP-Polymeren bei 37°C keine Schaltung in den adhäsiven Zustan möglich. Durch ein Chipdesign mit Axonleitstrukturen konnten dennoch Nervenzellen zwischen benachbarten Anwachsspots mit Axonen verbunden werden. Durch Schalten des TRPs in den zellattraktiven Zustand konnte bei den SH-SY5Y Zellen das Auswachsen der Neurite und Zellen zeitlich und räumlich induziert werden. Mit immunozytochemische Färbungen und Patch-Clamp-Ableitungen der neuronalen Zellen konnte die Handhabung, Biokompatibilität und Zugänglichkeit der TRP- Substrate für derartige Untersuchungen gezeigt werden. Für eine hochaufgelöste, räumliche Kontrolle des Auswachsens der Zellen muss die TRP- Beschichtung im µm-Bereich geschaltet werden können. Hierfür wurden Mikroheizchips mit Mikrostrukturen zur lokalen, über den Heizstrom gesteuerten Erwärmung der Substratoberfläche entwickelt. Zur Evaluierung der generierten Temperaturprofile wurden ein fluoreszenzbasierendes thermometrisches Verfahren entwickelt und die erhobenen Messwerte mit numerisch simulierten Werten abgeglichen. Dadurch konnten Geometrie und Material der Mikroelektroden hinsichtlich lokal gut begrenzter Temperaturänderungen optimiert werden. Darüber hinaus wurde für die Kultvierung der Zellen auf den Mikroheizchips jeweils eine Chipumgebung mit Zellkulturkammer und Kontaktboard für die elektrische Kontaktierung der Mikroelektroden geschaffen. Die in diesem Projekt erzielten Ergebnisse bilden eine solide Grundlage zur weiteren Ausschöpfung des Potentials thermoresponsiver Zellkultursubstrate für die Steuerung neuronalen Zellwachstums in vitro und die Herstellung neuronaler Zellkulturmodelle mit geordneten neuronalen Verbindungen. Zukünftig könnte dies detaillierte Studien zur neuronalen Informationsverarbeitung oder zu Neuropathologien an relevanten, humanen Zellmodellen ermöglichen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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