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Moralische Objektivität ohne moralische Tatsachen

Fachliche Zuordnung Praktische Philosophie
Theoretische Philosophie
Förderung Förderung von 2015 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 290859428
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Hauptziel des Projekts war es, einen gemäßigten meta-ethischen Mittelweg auszubauen zwischen den Extrempositionen Non-Kognitivismus und Realismus: eine objektivistische Spielart des Antirealismus (OA). Der OA vereint zwei Thesen. (1) Der moralische Diskurs ist objektiv: Er beinhaltet Wahrheiten, die jedoch weder auf nicht-moralische reduzierbar noch relativ sind. (2) Moralische Wahrheit ist nicht, wie der Realist behauptet, völlig unabhängig von uns, sondern durch idealisiert gedachte Deliberationsprozesse konstituiert. Der Projektplan war, den OA einerseits durch einen erkenntnistheoretischen Vergleich mit dem Realismus zu untermauern, andererseits durch zwei direkte Argumente zu stützen, also solche, die nicht auf einer Widerlegung der Gegenpositionen aufbauen. Im ersten Projektabschnitt wurde gezeigt, dass der Realist einen erkenntnistheoretischen Einwand gegen objektivistische Positionen – das Argument aus der fehlerfreien Meinungsverschiedenheit – entkräften kann, indem er sich auf eine Äquivokation von „erkennbar“ beruft. Es wurde jedoch auch ausgearbeitet, dass der OA, aufgrund seiner epistemischen Wahrheitskonzeption, den Einwand nicht auf diese Weise abwehren kann. Dies gelingt ihm nur mit einer erkenntnistheoretischen These, die im Rahmen der klassischen Logik zum Widerspruch führt. Dieser kann zwar durch die Wahl einer dreiwertigen Logik, die sich unmittelbar aus der OA-Konzeption moralischer Wahrheit ergibt, vermieden werden, schwächt aber damit den OA gegenüber dem Realismus. Doch dieser hat ein anderes, schwerer wiegendes Problem: das Korrelationsproblem. Es besteht darin zu erklären, warum wir darauf vertrauen dürfen, dass unsere moralischen Überzeugungen, wenn sie wahr sind, nicht bloße Glückstreffer sind. Der aussichtsreichste Versuch, diese Korrelation zwischen unseren moralischen Überzeugungen und den moralischen Tatsachen zu erklären, ist eine evolutionstheoretische Erklärung, die jedoch großen Bedenken ausgesetzt ist. Der OA hat damit gegenüber dem Realismus einen deutlichen Plausibilitätsvorsprung. Die beiden im zweiten Projektabschnitt auszuarbeitenden Argumente, das Moralische Argument und das Deliberatorische Argument, waren zwar ursprünglich von ihrem Verfechter als Stützung eines nicht-naturalistischen Realismus gedacht, sollten aber für den OA nutzbar gemacht werden. Das Hauptziel konnte erreicht werden, wenn auch mit Abstrichen: Das Moralische Argument, welches auch schon bei der Antragstellung als eher bedenklich eingeschätzt wurde, konnte der Kritik nicht standhalten und erwies sich als Fehlschlag. Das deutlich wichtigere Deliberatorische Argument, konnte jedoch wie geplant in seiner Grundausrichtung bekräftigt und durch die im Antrag anvisierte ontologische Einschränkung seiner Reichweite für den OA nutzbar gemacht und so letztlich gegen den Realismus gewendet werden. Nur die inferenzielle Stärke des Arguments – ursprünglich gedacht als logischer Schluss, der epistemische Gründe liefert dafür, dass es objektive normative Wahrheiten gibt – konnte nicht bestätigt werden: Das Argument bietet aber immerhin eine praktische Rechtfertigung dafür, den OA zu akzeptieren und die stärkere Position des Realismus abzulehnen. Das Deliberatorische Argument, das zunächst nur unspezifisch für den Bereich des allgemein Normativen Gültigkeit beanspruchte, konnte darüber hinaus, wie bei Antragstellung geplant, auf den normativen Sonderbereich der Moral angewendet und so zum Erweiterten Deliberatorischen Argument ausgebaut werden: Es gibt gute, praktische Gründe anzunehmen, dass Moral objektiv ist, also gute Gründe, den meta-ethischen OA zu akzeptieren. Durch diese Stützung des OA werden auch weitere Konkurrenten, nämlich sowohl nicht-objektivistische als auch naturalistische Positionen deutlich geschwächt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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