Detailseite
Projekt Druckansicht

Ein europäischer Skandal und seine Resonanzen: Die Pazzi-Verschwörung als Medienereignis und Erinnerungsort.

Fachliche Zuordnung Mittelalterliche Geschichte
Frühneuzeitliche Geschichte
Förderung Förderung von 2016 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 290872843
 
Erstellungsjahr 2024

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Am 26. April 1478 wurde im Dom von Florenz Giuliano de‘ Medici ermordet, sein Bruder Lorenzo entrann mit knapper Not. Das Attentat war der Höhepunkt einer komplexen Intrige, zu deren Hintermännern selbst Papst Sixtus IV. und sein Nepote Girolamo Riario gehörten. Der Humanist Angelo Poliziano bezeichnete sie in einem literarischen Kommentar als Verschwörung der Pazzi, und unter diesem Namen zählt sie zu den Ereignissen der italienischen Renaissance, die noch heute besonders großes Interesse hervorrufen. Warum aber erhielt gerade dieses Komplott eine derartige Prominenz, wenn doch politische Verschwörungen und Morde durchaus keine außergewöhnlichen Mittel vormoderner Politik waren? Eine Antwort auf diese Frage muss über eine Analyse der politischen Ereignisgeschichte auf der italienischen Halbinsel und ihrer literarischen Überformung hinaus gehen. Denn außergewöhnlich und neu war in diesem Fall eine immense kommunikative Verdichtung, ein hartes, humanistisch und doktrinär grundiertes und durch das neue Mittel des Buchdrucks verbreitetes publizistisches Ausfechten der Kontroverse in Kampagnen und Gegenkampagnen, eine breite europäische Wahrnehmung des Konflikts, eine intensive diplomatische Involvierung der europäischen Mächte in die Versuche zu seiner Lösung und schließlich nachhaltige Resonanzen in der europäischen Erinnerungskultur. Diese bis dahin nicht in einer umfassenden Studie erforschten Aspekte waren der Gegenstand meiner Habilitationsschrift, in der die Verschwörung erstmals unter medien-, kommunikations- und rezeptionsgeschichtlichen Ansätzen untersucht wurde. Grundlage der Forschungen war ein reiches Korpus von neu aufgefundenen unedierten Dokumenten, das im Laufe des Projekts durch eine vollständige Sichtung des verbleibenden einschlägigen Archivmaterials komplettiert wurde. Die Auswertung der Quellen zielte darauf ab, Mechanismen von Informationsverbreitung, Propaganda (im Sinne fürstlich gesteuerter persuasiver Kommunikation) und Konfliktaustragung auf internationaler Ebene sowie die dadurch hervorgerufenen langfristigen Resonanzen zu analysieren, die ein skandalträchtiges Ereignis in der Vormoderne haben konnte. Die These lautete, dass durch diese Dynamiken aus einem innerflorentinischen ein italienischer Konflikt, ein Skandal von europäischer Tragweite und schließlich ein Erinnerungsort werden konnte, der noch heute das Bild des Medici-Regimes, des Papsttums und der Kultur der Renaissance prägt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Einleitung: Das Interdikt in der europäischen Vormoderne zwischen Kirchenrecht, sozialer Alltagspraxis und publizistischer Polemik, in: Das Interdikt, Berlin 2021, S. 7-24
    Tobias Daniels, Christian Jaser & Thomas Woelki
  • Florenz und das Interdikt 1478-1480, Berlin 2021, S. 429-458
    Tobias Daniels
  • Die Verschwörung der Pazzi. Ein politischer Skandal und seine europäischen Resonanzen, Stuttgart 2020 (Monographien zur Geschichte des Mittelalters, 70) (ISBN 978-3-7772-2037-6) [Habilitationsschrift]
    Tobias Daniels
  • The Sistine Chapel: New sources on its building history and the question of its architect, in: Römisches Jahrbuch der Bibliotheca Hertziana 43 (2017/2018) [2020], S. 131-147
    Tobias Daniels
  • A Donatello for Rome, a Memling for Florence. The maritime transports of the Sermattei of Florence†. Renaissance Studies, 35(4), 658-674.
    Daniels, Tobias & Esch, Arnold
  • Das Interdikt in der europäischen Vormoderne. Duncker & Humblot.
    Daniels, Tobias; Jaser, Christian & Woelki, Thomas (Eds.)
  • Dynamiken der Herabsetzung in humanistischen Kontroversschriften während der Pazzi-Verschwörung, in: Uwe Israel/Marius Kraus/Ludovica Sasso (Hg.), Agonale Invektivität. Konstellationen und Dynamiken der Herabsetzung im italienischen und deutschen Humanismus, Heidelberg 2021 (Das Mittelalter. Perspektiven mediävistischer Forschung. Beihefte, 17), S. 81-94
    Tobias Daniels
  • Die römischen Repertorien. De Gruyter.
    Märtl, Claudia; Fees, Irmgard; Rehberg, Andreas & Voigt, Jörg (Eds.)
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung