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Der Einfluss von Oxytocin auf Wahrnehmungsprozesse und belohnungs-abhängiges Essverhalten bei der Binge-Eating-Störung

Fachliche Zuordnung Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Förderung Förderung von 2016 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 299490831
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ziel des Projekts war es, die Rolle der Oxytocin-Signalwege in der aufmerksamkeitsgesteuerten Informationsverarbeitung von Essensreizen und deren Beitrag zur Regulation des Essverhaltens bei Personen mit Binge-Eating-Störung (BES) und gesunden Probanden, d.h. einer gewichtsgematchten und einer normalgewichtigen Kontrollgruppe, zu untersuchen. Zu diesem Zweck wurde in einer doppelt verblindeten, Placebo-kontrollierten Crossover-Studie mit Within-Subjects-Design nach einer standardisierten Mahlzeit Oxytocin (24 IE) intranasal verabreicht, um die endogene Verfügbarkeit des Neuropeptids kurzzeitig zu erhöhen. Zur Erfassung der essensbezogenen Aufmerksamkeitsverarbeitung wurde ein bildhaftes Dot Probe-Paradigma in der Kombination mit einer Eye-Tracking-Messung eingesetzt. Als Maße für die Aufmerksamkeitsverzerrungen wurde die Blickhinwendung (Häufigkeit der ersten Fixation auf Essensreize im Verhältnis zu neutralen Reizen), die frühe Aufmerksamkeitsaufrechterhaltung (Dauer der ersten Fixation auf Essensreize im Vergleich neutralen Reizen) sowie die längerfristige Aufmerksamkeitsaufrechterhaltung (gesamte Blickdauer auf Essensreize im Vergleich zu neutralen Reizen) betrachtet. Für die drei Maße wurde angenommen, dass im Vergleich mit den Kontrollgruppen bei der BES-Gruppe stärkere Verzerrungen hin zu Nahrungsmitteln vorliegen und dass sich diese Verzerrungen durch Oxytocin reduzieren, insbesondere in der BES-Gruppe. Anschließend wurde die Menge konsumierter Kalorien im Rahmen eines fingierten Geschmackstests erfasst. Entgegen den Erwartungen lagen keine vermehrten essensbezogenen Aufmerksamkeitsverzerrungen in der BES-Gruppe im Vergleich zu den Kontrollgruppen vor und es kam zu keiner Reduktion der essensgerichteten Aufmerksamkeit durch Oxytocin. Bezüglich der Auswirkungen von Oxytocin auf die hedonische Nahrungsaufnahme zeigte sich in allen Gruppen ein zu den Erwartungen gegenläufiger Effekt: Durch Oxytocin erhöhte sich die Menge der konsumierten Kalorien. Eine Mediation des Effekts von Oxytocin auf die Nahrungsaufnahme durch einen reduzierenden Effekt von Oxytocin auf die essensbezogenen Aufmerksamkeitsverzerrungen konnte nicht gezeigt werden. Jedoch zeigte sich ein additiver Effekt von Oxytocin und der frühen (und marginal der längerfristigen) Aufmerksamkeitsaufrechterhaltung dahingehend, dass zusätzlich zur höheren Nahrungsaufnahme durch Oxytocin eine längere Betrachtung der Essensreize mit einer höheren Nahrungsaufnahme zusammenhing. Das Projekt liefert somit erste Hinweise darauf, dass die dämpfende Wirkung von Oxytocin auf die Nahrungsaufnahme (die bislang primär in Experimenten mit männlichen Teilnehmern beobachtet worden ist) von der Studienpopulation und/oder von bislang unbekannten Faktoren abhängen könnte. Somit könnte Oxytocin die Nahrungsaufnahme bei Frauen akut sogar erhöhen. Insbesondere hinsichtlich des häufig restriktiven Essverhaltens bei der BES sollte dieser Effekt näher untersucht werden.

 
 

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