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Ermittlung relevanter Einflussgrößen auf die subjektive Bewertung von Tageslicht zur Bewertung des visuellen Komforts in Büroräumen

Fachliche Zuordnung Architektur, Bau- und Konstruktionsgeschichte, Bauforschung, Ressourcenökonomie im Bauwesen
Förderung Förderung von 2006 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 30245571
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Fraunhofer ISE: Im Rahmen der Testraumversuche konnten zahlreiche wissenschaftliche Fortschritte erzielt werden. Die durchgeführten Versuche bestätigen nicht nur die Blendungsbewertungskenngröße Daylight Glare Probability DGP, sondern ermöglichten auch, den DGP zu erweitern. Die Versuchsreihe mit streuenden Blendschutzsystemen zeigt, dass der DGP auch für diese Systeme ohne Modifikation anwendbar ist. Somit ist der DGP für alle marktrelevanten Blendschutzsysteme experimentell validiert. Der Einfluss des Alters auf die Blendungsbewertung konnte anhand der gewonnenen Versuchsdaten quantifiziert werden. Die Modifikation der DGP-Formel erfolgt durch einen Alterskorrekturfaktor. Für eine 60 jährige Person beträgt dieser Korrekturfaktor 1.25, für eine 20 jährige Person ist dieser 1.00. Ebenso konnte der Gültigkeitsbereich des DGP für Situationen mit geringer Blendungswahrscheinlichkeit erweitert werden. Der DGP war bislang für Werte < 0.2 nicht definiert. Auch hier erfolgt die Korrektur durch einen Faktor, der den DGP im Bereich zwischen 0.0 und 0.2 modifiziert. Im Rahmen der Versuche konnte nachgewiesen werden, dass die Quantität des Sichtkontaktes durch die Verschattungssysteme einen Einfluss auf die Blendungsbewertung hat. Je besser der Sichtkontakt, desto weniger störend bezüglich Blendung wird eine Situation bewertet. Auch hier erfolgte eine Quantifizierung des Einflusses über einen Korrekturfaktor, mit dem der DGP multipliziert wird. Die bisherigen Defizite bezüglich der Kontrastbewertung an Bildschirmen werden durch die Entwicklung eines neuen Kontrastmodells behoben. Das neue Modell ermöglicht, die Lesbarkeit von Bildschirmoberflächen zuverlässig zu bewerten. Perspektivisch kann dieses Modell nicht nur im Bürobereich angewandt werden, sondern auf jegliche Art von Displaytechnik erweitert werden, auch auf nicht-stationäre Anwendungen (z.B. Mobiltelefone, Netbooks, Displays im public-viewing Bereich usw.). Das neue Modell weist in Abhängigkeit der Umgebungsleuchtdichte, der „Low-State“ Leuchtdichte und des Alters den minimal notwendigen Kontrast zum Lesen aus. Die Versuche zeigten, dass der Alterseinfluss für die Kontrastbewertung deutlich schwächer ist als beim bislang gültigen Kontrastmodell. Fachgebiet Bauphysik und Technischer Ausbau (fbta), KIT: Die gewählte Methode der Felduntersuchung sowie die gewählte bzw. eigens entwickelte Messtechnik haben sich für die vorliegenden Fragestellungen als geeignet erwiesen. Die Ergebnisse bestätigen die Entscheidung für eine ortsaufgelöste Messung der Fensterleuchtdichte, da die Berechnung von Blendungsindizes als wichtiger Aspekt des visuellen Komforts nur auf Basis von Leuchtdichtebildern mit ausreichender Auflösung möglich ist. Der Ablauf als Längsschnittstudie mit Messungen und Befragungen in jeder Jahreszeit hat sich ebenfalls bewährt: Der jahreszeitliche Einfluss auf Temperatur- und Helligkeitsbewertung ist signifikant. Die Methode ist insgesamt jedoch sehr arbeits- und zeitaufwändig. Die Nutzer sind mit dem visuellen Komfort insgesamt zufrieden, die Beleuchtung des Arbeitsplatzes mit Tages- und Kunstlicht wird überwiegend positiv bewertet. Beide Bewertungen korrelieren miteinander. Eine aus Nutzersicht gute Tageslichtlösung kann also das positive Erleben des Kunstlichtes unterstützen und umgekehrt. Ein Aspekt des visuellen Komforts ist die Blendung durch Tageslicht. Die Ergebnisse der Felduntersuchung bestätigen die Daylight Glare Probability als Blendungsindex und die in den Testräumen ermittelten Einflüsse von Alter und Sichtkontakt. Darüber hinaus zeigt die Auswertung der Nutzereingriffe und ihrer jahreszeitlichen Unterschiede einen Zusammenhang zwischen thermischem und visuellem Komfort: Im Sommer werden Sonnenschutzsysteme bei geringeren Blendungswerten weiter geschlossen als in den übrigen Jahreszeiten, Blendung wird bei tendenziell niedrigeren DGP-Werten wahrgenommen oder als störend empfunden. Neben der Vermeidung von Blendung beeinflussen die Faktoren Einschränkung des Ausblicks durch die Fenstergröße, Bewertung des Ausblicks, Bedienbarkeit des Sonnenschutzes, Zufriedenheit mit der Temperatur und Zufriedenheit mit der Arbeitstätigkeit die Bewertung der Tageslichtversorgung. Die befragten Nutzer präferieren moderate Fensterflächenanteile. Dabei werden außen liegende Räume unabhängig vom Tageslichtquotienten als besser tageslichtversorgt empfunden als Räume an Atrien. Ein weiterer Aspekt des visuellen Komforts ist die Nutzerbewertung der Helligkeit am Arbeitsplatz. An tageslichtorientierten Bildschirmarbeitsplätzen wird die vom Nutzer bevorzugte Beleuchtungsstärke signifikant von seinem Alter, der Jahreszeit, dem Fensterflächenanteil der Fassade seines Büroraums und seiner Bewertung des Ausblicks aus dem Fenster beeinflusst. Unter Tageslichtbedingungen werden überwiegend Helligkeitsniveaus als angenehm bewertet, in denen die horizontale und die zylindrische Beleuchtungsstärke deutlich über den normativen Mindestanforderungen der DIN EN 12464-1 liegen. Auch die Nutzereingriffe in die Steuerung des Kunstlichts zeigen den Wunsch der Nutzer nach Beleuchtungsstärken über den Mindestanforderungen der Norm und den engen Zusammenhang zwischen Steuerung, Nutzerfreundlichkeit und energetischem Einsparpotential. Automatisch gesteuerte Sonnenschutzsysteme werden von den Nutzern – zumindest in der hier vorliegenden Stichprobe – überwiegend nicht geschätzt: 69% der Bewertungen sind negativ. Der DGP wird weltweit inzwischen mehr und mehr als Blendungsbewertungsmethode akzeptiert und angewandt. Die hier entwickelten Erweiterungen fließen direkt in diverse Bewertungstools (Diva, Daysim, evalglare) ein, die weltweit mehrere tausend Anwender haben. Des Weiteren ist geplant, den DGP in die neue europäische Tageslichtnorm aufzunehmen. Das neu entwickelte Kontrastmodell hat ebenfalls ein großes Potential. Neben dem Ersatz des alten Modells ist geplant, dieses Modell in Tageslichtbewertungstools (Daysim) aufzunehmen, ein erster Prototyp der Software existiert bereits. Darüber hinaus besteht Potential im Bereich der Displaytechnik. Die Versuche haben aufgezeigt, wie wichtig das Thema Sichtkontakt bei der Bewertung von Tageslicht ist. Da dieser Bereich extrem vielschichtig ist, konnten im Rahmen dieses Projektes lediglich Teilbereiche untersucht werden. Die Themenfelder Fassadenmuster, Skalierung von Verschattungsstrukturen, Objekterkennung, Mindest-Sichtkontakt und Regelung von Verschattungssystemen sollten in zukünftigen Forschungsprojekten aufgenommen werden. Die Auswertung der Felduntersuchung wird im Rahmen einer Dissertation fortgeführt. Dabei wird der Schwerpunkt neben der Analyse der jahreszeitlichen Unterschiede auf dem Einfluss der architektonischen Parameter auf den visuellen Komfort liegen und auf dem Zusammenhang zwischen visuellem und thermischem Komfort. Die Ergebnisse der Felduntersuchung zeigen, dass insbesondere bei der aus energetischen Gründen sinnvollen tageslichtabhängigen Regelung von Kunstlicht und bei der automatischen Steuerung von Sonnenschutzsystemen Nutzerwünsche bisher unberücksichtigt bleiben. Die Nutzerbewertungen deuten darauf hin, dass eine Kunstlichtregelung, die die Jahreszeit, den thermischem Komfort, das Alter und das individuell bevorzugte Helligkeitsniveau der Nutzer berücksichtigt, eine höhere Nutzerakzeptanz finden könnte. Eine weitere Untersuchung dieser Zusammenhänge ist beabsichtigt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Kostengünstige Leuchtdichtekameras mit CMOS-Sensoren. Tagungsband Licht 2008. Ilmenau, September 2008
    A. Abromeit, A. Wagner
  • Nutzerbewertung von Tageslicht am Büroarbeitsplatz. Tagungsband Licht 2008, Ilmenau, September 2008
    C. Moosmann, J. Wienold, A. Wagner, V. Wittwer
  • Age effects on glare perception under daylight conditions. Tagungsband LuxEuropa 2009, Istanbul, September 2009
    C. Moosmann, J. Wienold, A. Wagner, V. Wittwer
  • QUANTA – Messtechnikentwicklung: kostengünstige multifunktionale Sensoren für Felduntersuchungen. Interner Bericht. 2009
    A. Bikos
  • Tageslichtnutzung und Sichtkontakt am Büroarbeitsplatz. Tagungsband Symposium Licht + Architektur, Kloster Banz, Februar 2009
    C. Moosmann, J. Wienold, A. Wagner, V. Wittwer
  • Visueller Komfort am Büroarbeitsplatz. Tagungsband Licht 2010, Wien, Oktober 2010
    C. Moosmann, A. Wagner
  • Nutzerbewertung der Lichtsituation am Büroarbeitsplatz. Tagungsband 15. Anwenderforum Lichttechnik, Regensburg, März 2011
    C. Moosmann, A. Wagner
 
 

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