Kondensationsprozesse in der Nähe des kritischen Punktes
Final Report Abstract
Molekularstrahlexpansionen bei hohen Dichten, insbesondere am kritischen Punkt und am Phasenübergang gasförmig-flüssig, waren bislang weitgehend ‘terra incognita’. Durch umfangreiche und systematische Untersuchungen konnte das Verständnis deutlich verbessert werden; auch methodisch wurden neue Entwicklungen angestoßen. Insgesamt verliefen die Experimente zur Überschall-Molekularstrahlexpansion von He*, CO2 und C3H8 bei hohen Stagnationsdrücken (200 kPa ≤ P0 ≤ 12 MPa) sehr erfolgreich und lieferten zahlreiche interessante Ergebnisse; diese bilden auch die Grundlage für die Habilitationsarbeit des Antragstellers. Die wichtigsten Ergebnisse der durchgeführten Arbeiten sind: 1) Die Erweiterung der Molekularstrahlapparatur um eine Linearverstellung erlaubt es, die Länge der Flugstrecke in situ zu variieren. Damit kann die mittlere Strömungsgeschwindigkeit des Molekularstrahls mit bislang unerreichter Genauigkeit (1×10^-4) bestimmt werden. Zudem konnten höchst reproduzierbare, langzeitstabile Meßbedingungen mit einer sehr hohen Energieauflösung realisiert werden. 2) Bei hohen Ausgangsdichten ist der Einfluß von unerwünschten Streuprozessen auf Eigenschaften des Molekularstrahls beträchtlich. Für eine verläßliche Strahlanalyse sind daher optimierte experimentelle Bedingungen notwendig; diese ermöglichen dann auch niedrigste Translationstemperaturen. Es konnte eine Verbesserung der Translationskühlung um fast zwei Größenordnungen erreicht werden, so daß sehr monochromatische Strahlen mit einem Geschwindigkeitsverhältnis S > 500 erzeugt werden können. 3) Mit neuen experimentellen Methoden konnte erstmals die kürzeste Öffnungsdauer einer gepulsten Molekularstrahldüse bestimmt werden, die erforderlich ist, um quasistationäre Bedingungen zu erreichen: Bei ausreichend langer Pulsdauer sind damit für die Mitte des Molekularstrahlpulses verläßliche Aussagen zu Clusterbildung und Strahlgeschwindigkeit möglich. Bei hohen Dichten ist die minimal erforderliche Düsenöffnungszeit allerdings sehr viel länger als bisher angenommen und kann fast 100 µs erreichen, das empfindlichste Kriterium für eine gleichförmige Strömung ist eine konstante Strömungsgeschwindigkeit. 4) Überraschend wurde festgestellt, daß langsame, elektrisch neutrale CO2-Cluster mit einem regulären MCP-Detektor ohne Ionisation nachgewiesen werden können. Die beobachtete Abhängigkeit des Detektorsignals von den Stagnationsbedingungen läßt sich gut mit der mittleren Clustergröße korrelieren. Damit steht eine Nachweismethode zur Verfügung, bei der die Größenverteilung der Cluster nicht durch die ionisationsinduzierte Fragmentation verfälscht wird. 5) Mit unterschiedlichen Molekularstrahlexperimenten wurde die Kondensation in der Düse detailliert untersucht. Die Änderung der mittleren Strömungsgeschwindigkeit ist bei der kritischen Entropie Sc am stärksten ausgeprägt, die experimentelle Beobachtung kann gut durch thermodynamische Überlegungen erklärt werden. 6) Die Clusterbildung bei sehr hohen Dichten kann nicht durch bekannte Skalierungsgesetze beschrieben werden. In unmittelbarer Nähe des kritischen Punktes ändert sich das Fragmentationsmuster dramatisch; ob dies durch eine plötzliche Änderung der Clustergröße oder die Änderung eines anderen Clustermerkmals (z.B. Temperatur…) verursacht wird, kann aufgrund der Partikelgröße gegenwärtig noch nicht unterschieden werden. 7) Das vom Antragsteller entwickelte Modell zur Erklärung der Bifurkation der Strömungsgeschwindigkeit in der Nähe der Phasengrenze konnte durch systematische Messungen sowohl ionischer als auch neutraler Cluster bestätigt werden. 8) Die Entwicklung einer geeigneten Zustandsgleichung für CO2 erlaubt es, bei bekannten Ausgangsbedingungen (Stagnationsdruck und -temperatur) aus der mittleren Strömungsgeschwindigkeit die Temperatur des Molekularstrahls und damit auch die Temperatur größerer Cluster abzuschätzen. Der derart ermittelte Wert von 138±4 K stimmt hervorragend mit optischen Messungen überein. 9) Winkelaufgelöste Messungen an einer Si(111)/SiO2-Oberfläche gestreuter CO2- Cluster zeigen eine interessante Abhängigkeit des Streuwinkels von der Entropie des expandierenden Fluids, die einen Einfluß der Spinodale auf Kondensationsprozesse im Molekularstrahl vermuten läßt. Offene Fragen und überraschende Entdeckungen sollen in Folgeprojekten zur Kombination optischer und massenspektrometrischer Methoden zur Größenbestimmung neutraler Molekülcluster und zur Molekülcluster-Oberflächen-Wechselwirkung weiter untersucht werden.
Publications
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Efficient cooling in supersonic jet expansions of supercritical fluids: CO and CO2, J. Chem. Phys. 125, 174307, 2006
Wolfgang Christen, Klaus Rademann, Uzi Even
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Precise thermodynamic control of high pressure jet expansions, Rev. Sci. Instrum. 78, 073106, 2007
Wolfgang Christen, Tim Krause, Klaus Rademann
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Cooling and slowing in high-pressure jet expansions, Phys. Rev. A 77, 012702, 2008
Wolfgang Christen, Klaus Rademann
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Probing free jet expansions of supercritical fluids, Phys. Scr. 80, 048127, 2009
W. Christen, K. Rademann
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Supersonic beams at high particle densities: Model description beyond the ideal gas approximation, J. Chem. Phys. 114, 11189, 2010
Wolfgang Christen, Klaus Rademann, Uzi Even
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Quantitative Study of 4He Real Gas Effects Using Supersonic Beams, Z. Phys. Chem. 225, 517, 2011
Wolfgang Christen, Klaus Rademann
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Stationary flow conditions in pulsed supersonic beams, J. Chem. Phys. 139, 154202, 2013
Wolfgang Christen
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Ultra-precise particle velocities in pulsed supersonic beams, J. Chem. Phys. 139, 024202, 2013
Wolfgang Christen