Project Details
Projekt Print View

"È nata una stella." Eine (körper)historische Betrachtung des italienischen divismo (1930 - ca. 1965)

Subject Area Modern and Contemporary History
Term from 2006 to 2008
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 31087260
 
Final Report Year 2008

Final Report Abstract

Das Projekt untersucht das kulturelle Phänomen des Starkults in Italien vor dem historischen Hintergrund von Faschismus, Zweitem Weltkrieg, Nachkriegszeit und Wirtschaftswunder aus einer körper- und geschlechtergeschichtlichen Perspektive. Mit Vittorio De Sica, Sophia Loren, Marcello Mastroianni und Catherine Spaak nimmt die Untersuchung vier der bekanntesten italienischen Filmstars in den Blick, die jeweils nahezu ein halbes Jahrhundert im Interesse der Öffentlichkeit standen und sowohl das internationale Italienbild als auch die Selbstwahrnehmung der Italiener maßgeblich prägten. Dabei beleuchtet die Arbeit die einzelnen Starfiguren jeweils zum Zeitpunkt ihres Öffentlichen Durchbruchs respektive auf dem Zenit ihrer Starkarrieren. Ihre Darstellung in Film und Presse gibt darüber Aufschluss, welche Körperstile und Schönheitsideale, welche dominanten Konzeptionen von Männlichkeit und Weiblichkeit, sozialer Klasse und Ethnizität in ihrem jeweiligen historischen Kontext zirkulierten und adaptiert wurden. Die Untersuchung fasst einen historischen Abschnitt ins Auge, in dem die Konstruktion sozialer Identitäten und Körperpraktiken immer stärker durch eine transnationale Konsum- und Massenkultur geprägt wurde. Am Beispiel der Starfigur Vittorio De Sicas im Kino der dreißiger Jahre wird deutlich, dass die zeitgenössisch relevanten Männlichkeitsbilder sehr viel heterogener waren als in der Forschung bisher angenommen. So verkörperte De Sica eine Männlichkeit, die von dem offiziellen Ideal des heroischen Faschisten stark divergierte und sich eher an internationalen, vor allem über das Hollywoodkino vermittelten Männlichkeitsbildern orientierte. Mit Sophia Loren nimmt die Analyse in einer zweiten Fallstudie den Typ der körperlich üppigen Sexbombe (maggiorata flsicä) in den Blick, die das visuelle Spektrum der späten vierziger und fünfziger Jahre dominierte. Steht sie einerseits als Symbol für den Wiederaufbau einer männlich dominierten Gesellschaftsordnung, materialisieren sich in ihrem Starkörper andererseits die durch den Weltkrieg bewirkten Verschiebungen innerhalb der Geschlechterhierarchien. Die von Loren verkörperten Frauenfiguren dokumentieren, dass die daraus resultierenden emanzipatorisehen Prozesse auch in der Phase der ricostruzione nur teilweise revidiert wurden. Vor dem Hintergrund des Wirtschaftswunders (1958- 1963), der Krise des politischen Katholizismus und einer sich abzeichnenden politischen Öffhung nach links (apertura a sinistra, 1962) werden jeweils die Figuren des ,Latin Lovers' Marcello Mastroianni und des Teenagerstars Catherine Spaak untersucht. Sie machen sichtbar, dass sich hegemoniale Vorstellungen männlicher und weiblicher Sexualität wandelten. Damit dokumentieren ihre Starkörper, dass der vorherrschende Sexualkonservatismus bereits zu Beginn der sechziger Jahre aufbrach, während die Forschung zur italienischen Körpergeschichte diese Liberalisierungsprozesse vor allem mit dem Jahr 1968 assoziierte. Letztlich verdeutlich das Forschungsprojekt, dass Filmstars ebenso wie die Ideale des männlichen und weiblichen Körpers durch ein historisch spezifisches Set kultureller, ökonomischer und medialer Relationen generiert werden und dabei ständigen Wandlungsprozessen unterliegen.

Publications

  • Antje Dechert (mit Christian Kuchler) Denkmal Fosse Ardeatine. Erinnerung an deutsche Kriegsverbrechen in Italien, in: Geschichte Lernen, Heft 121/21. Jg. (Januar 2008), S. 32-40.

  • M. Szöllösi-Janze: "Der verführte Latin Lover. Marcello Mastroianni und italienische Weiblichkeiten im boom economico (1958-1963)", Tagung der Arbeitsgemeinschaft für die Neueste Geschichte Italiens, Berlin, 26.6.2008-28.6.2008.

 
 

Additional Information

Textvergrößerung und Kontrastanpassung