Project Details
Projekt Print View

Polymorphic Uncertainty of Friction

Subject Area Mechanics
Term from 2016 to 2019
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 312915257
 
Final Report Year 2020

Final Report Abstract

Trotz jahrzehntelanger intensiver Forschungsbemühungen im industriellen und akademischen Bereich ist das Vorhersagen des NVH-Verhaltens von Bremssystemen immer noch sehr unzuverlässig. Die mechanischen Modelle der Bremssysteme sind zwar mit teilweise bis über 1.000.000 Freiheitsgraden heutzutage geometrisch sehr genau aufgelöst, aber trotzdem sehr ungenau bezüglich der NVH – Vorhersage. Oft werden Instabilitäten gar nicht erfasst oder wenn, dann in falschen Parameterintervallen vorhersagt. Quellen der Unschärfe sind zum einen die numerischen Lösungsstrategien – es treten etwa zeitvariante Eigenwertprobleme auf, die von kommerziellen Tools nicht gelöst werden – oder Fertigungsungenauigkeiten und Mischungsvariationen des Belagsmaterials. Zum anderen ist aber insbesondere die Physik der Reibung, die in Messungen eine vielfältige Dynamik aufzeigt, nicht mit einer einzigen konstanten Größe 𝜇 pro Materialpaarung beschreibbar. Dies ist heutzutage jedoch noch immer üblich und führt zu einer großen Unschärfe. Ziel dieses Projektes war es, die Unschärfe bezüglich der Reibung auf Grundlage von zahlreichen Reibmessdaten zu quantifizieren, um damit die Unschärfe in den Vorhersagen der NVH-Phänomene zu bestimmen. Dafür wurden, basierend auf Expertenwissen und den Messdaten, mittels datengetriebener Algorithmen (SINDy) Reibmodelle entwickelt und parametrisiert. Die Reibmodelle, die im Projekt untersucht und verwendet wurden, waren zum einen das konstante Modell von Coulomb und zum anderen das dynamische Reibmodell 2. Ordnung in Gleichung (3). Dieses Reibmodell ist in der Lage, zeitliche Änderungen des Reibwertes abzubilden. Damit kann es unterschiedliche Phänomene erklären, wie zum Beispiel, dass bei identischen Werten für die Reibgeschwindigkeit und Normalkraft, unterschiedliche Reibwerte in Abhängigkeit von der Reibgeschichte entstehen können. In diesem Projekt haben wir gezeigt, dass damit die Abweichungen von den Messdaten und somit der Modellfehler gegenüber dem Coulomb’schen Modell deutlich reduziert wurden. Im Rahmen dieses Projektes wurde weiterhin ein polymorphes Unschärfemodell genutzt, welches aleatorische und epistemische Unschärfen zu unterscheiden gestattet. Dabei wurden die Unschärfen in den Reibmodellparametern zwischen den einzelnen Messungen einer Messreihe als aleatorisch und die Abweichung innerhalb einer einzelnen Messung als epistemisch aufgefasst. Die unscharfen Reibmodelle wurden dann zur Bestimmung des Stabilitätsverhaltens eines NVH-Minimalmodells verwendet. Der Vergleich der Ergebnisse zeigt für das konstante und dynamische Reibmodell deutlich unterschiedliche Werte für die Vorhersagequalität der Stabilität auf. Während für das konstante Reibmodell große Unsicherheitsintervalle mit einer Spannweite von bis zu 40% entstanden, lieferte das dynamische Reibmodell sehr schmale Intervalle von lediglich wenigen Prozenten. Daher lässt sich mit diesen Modellen wesentlich genauer vorhersagen, wie groß die Instabilitätswahrscheinlichkeit ist. Zudem konnte damit gezeigt werden, dass der Einfluss der Unschärfe des Reibmodells dominant und so groß ist, dass etwa Verbesserungen der geometrischen Genauigkeit des mechanischen NVH-Modells allein kaum signifikante Verbesserungen der Vorhersagequalität ermöglichen, wenn ein zu einfaches (z.B. konstantes) Reibmodell gewählt wird. In Folgeprojekten wollen wir sowohl die Unschärfequantifizierung auf weitere Systemparameter und Zustandsgrößen ausweiten als auch grundlegenden Fragestellungen angehen, die die datengetriebene Modellierung der Reibung betreffen. Untersuchungen zeigten auf, dass zwar sehr schnell rein numerisch unterschiedliche dynamische Gleichungen für den Reibkoeffizienten gefunden werden können, aber die resultierenden Terme ließen oft keine physikalische Erklärung zu oder deuteten in den Daten physikalische Fingerprints des Messvorganges an. Darum soll auch ermittelt werden, wie in den Messdaten die Dynamik der Reibung von der Dynamik der Messmaschine separiert und wie die genaue Dimension des Zustandsraumes für die Reibung aus Messdaten bestimmt werden kann, um gegebenenfalls Hinweise auf bisher in Messung und Theorie nicht beachtete oder bekannte Zustandsgrößen für die Beschreibung von Reibung zu erhalten.

Publications

 
 

Additional Information

Textvergrößerung und Kontrastanpassung