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Das Interpunktieren der Präsenz: wie Interpunktion Stimme zeigt

Antragstellerin Dr. Elizabeth Bonapfel
Fachliche Zuordnung Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Förderung Förderung von 2016 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 313598279
 
Wie sähe eine Literatur ohne Interpunktion aus? Als eine Form, Grammatik und Syntax in Texten zu organisieren, ist Interpunktion ein fundamentales Element geschriebener Sprache. Dennoch wird sie in den Literaturwissenschaften oft übergangen, weil sie sich in ihrer Normativität dem Blick geradezu entzieht. Mein Forschungsprojekt Punctuating Presences: How Punctuation Marks Voice versucht, dieser Unsichtbarkeit beizukommen, indem es Interpunktion dezidiert in den Fokus nimmt und nach deren Status innerhalb der Literaturgeschichte fragt. In der Hauptsache geht Punctuating Presences der Frage nach, wie Zeichen im Schriftbild verschiedene Stimmen, Rede- oder Denkweisen markieren. Dazu wird untersucht, wie Interpunktion Erwartungen in Bezug auf literarische Stile, reguläre Schreibweisen und Gattungskonventionen in der englischen Sprache und Literatur strukturell beeinflusst. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der historischen Entwicklung der Zeichensetzungsregeln, die sich vom späten 17. Jh. bis in die Gegenwart konsolidieren, aber auch verändern. Interpunktion existiert nur im Schriftbild. Für jede Phase des Projekts werden deshalb die Auswirkungen medientechnischer Innovationen in der Geschichte des Buchdrucks auf die Entwicklung des literarischen Stils untersucht. Literatur verlässt sich häufig auf eine durch Interpunktion abgesicherte Repräsentation von Rede und Gedanken. Doch gerade die stabilisierenden Zeichen sind in ständigem Wandel begriffen. Vor dem Hintergrund dieser historischen Veränderungen, soll untersucht werden, welche Aufschlüsse die Verwendung von Satzzeichen über die Wechselwirkungen zwischen literarischen Gattungen geben kann und wie Interpunktion Übergänge zwischen verschiedenen Stimmen (Charakter, Erzähler, Sprecher, Darsteller) im Medium Text signalisiert. Die Evolution der Interpunktion soll anhand von fünf Entwicklungsstufen nachvollzogen werden: 1) die Verwendung von Zeichen wie Gedankenstrich und Auslassungszeichen zur realistischen Wiedergabe des Eindrucks gesprochener Sprache in gedruckten Dramentexten des späten 17. Jh.2) die Übernahme dieser Strategien der Markierung im Roman des 18. Jh., um den Effekt von Gedanken und Rede in Prosa zu übertragen3) die Reduktion graphischer Diversität im realistischen Roman des 19. Jh. zugunsten der Verwendung von Anführungszeichen 4) die Reaktion des Modernismus auf diese restriktiven Konventionen durch experimentelle Zeichensetzung5) der Rekurs zeitgenössische Autor_innen auf moderne Interpunktion und Modi der MarkierungPunctuating Presences entwirft eine Genealogie, die nachvollziehbar macht, inwiefern aktuelle Praktiken der Zeichensetzung sich von der Tendenz des Romans, graphische Formen aus gedruckten Dramentexten des 18. Jh. zu entlehnen, ableiten lassen und in welchem Maße sie darauf angewiesen sind. Dabei geht es um nichts weniger als den Versuch einer Übertragung des Eindrucks gesprochener Sprache aus dem Theater ins Schriftbild: eine Übersetzung from the stage to the page.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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