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Die Rolle von dysfunktionalen Assoziationen und Interpretationen bei Panikstörung: Ein ätiologischer Ansatz.

Antragstellerinnen / Antragsteller Professor Dr. Jürgen Margraf; Professorin Dr. Marcella Woud
Fachliche Zuordnung Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Förderung Förderung von 2016 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 314131517
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Reaktion einer Person auf eine bestimmte Situation wird vor allem davon beeinflusst, welche Art von Assoziationen die Situation auslöst und wie die Person die Situation interpretiert. Anders ausgedrückt: Nicht die Situation selbst, sondern die kognitive Verarbeitung der Situation ist der entscheidende Faktor. So löst beispielsweise ein schnell schlagendes Herz bei Patient:innen, die an einer Panikstörung leiden, sofort eine bedrohungsbezogene Assoziation aus und wird als Zeichen für einen bevorstehenden Herzinfarkt interpretiert. Verschiedene psychische Störungen sind durch solche dysfunktionale Verarbeitungsprozesse charakterisiert, weshalb diesen Prozessen in vielen Theorien der Psychopathologie sowie Behandlungsmodellen eine zentrale Rolle zukommt. Das übergreifende Ziel dieses Projekts war es, mit Hilfe von analogen, experimentellen und klinischen Studien unser Verständnis über dysfunktionale kognitive Prozesse im Kontext der Panikstörung zu verbessern, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf panikbezogenen Assoziationen und Interpretationen lag. Darüber hinaus wurde eine systematische Übersichtsarbeit und eine Meta-Analyse durchgeführt, um die psychometrischen Eigenschaften einer häufig verwendeten Aufgabe zur Messung von dysfunktionalen Interpretationsprozessen zu untersuchen. Unsere wichtigsten Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen. In zwei Stichproben, d.h. einer Risikostichprobe und einer diagnostizierten klinischen Stichprobe, fanden wir positive Korrelationen zwischen panikbezogenen Interpretationen und Paniksymptomen. Insbesondere war eine stärkere Tendenz, panikbezogene Informationen auf dysfunktionale Weise zu interpretieren, mit einem höheren Maß an Paniksymptomen verbunden. In der Risikostichprobe fanden wir außerdem, dass panikbezogene Interpretationen Stressreaktivität vorhersagen und den Zusammenhang zwischen Angstsensitivität, einem Risikofaktor für die Entwicklung einer Panikstörung, und Stressreaktivität durch panikbezogene Interpretationen mediiert wurde. Bei der Patientenstichprobe konnten wir zudem zeigen, dass Panikpatient:innen, im Vergleich zu ängstlichen Kontrollpatient:innen, stärkere panikbezogene Interpretationen zeigten. Außerdem korrelierten panikbezogene Interpretationen mit einer Zunahme in Paniksymptomen nach einer Hyperventilation. Die Ergebnisse der panikbezogenen Assoziationen zeigten jedoch nicht solch ein konsistentes Muster, weder in der klinischen noch in der Risikostichprobe. Mittels einer Online-Studie testeten wir drei Versionen einer Reaktionszeiten-Aufgabe, wobei jede Version spezifische panikrelevante Assoziationen erfasste. Entgegen unseren Erwartungen gab es nur wenig signifikante Korrelationen zwischen den jeweiligen spezifischen Assoziationen und Symptomwerten. Darüber hinaus haben wir eine experimentelle Studie durchgeführt. Hierbei wurde durch ein computergestütztes Training bei den Teilnehmenden eine panikbezogene Interpretationsverzerrung induziert bzw. reduziert, und mit einer Kontrollbedingung verglichen. Die Ergebnisse zeigten, dass, im Vergleich zu den beiden anderen Bedingungen, das Training zur Reduktion panikbezogener Interpretationen in der Tat Interpretationsverzerrungen verringern konnte, und dieser Effekt generalisierte teilweise auf eine andere kognitive Aufgabe. Es zeigten sich jedoch keine Trainings-spezifischen Auswirkungen auf die Paniksymptomatik. Wir haben auch eine systematische Übersichtsarbeit und eine Meta-Analyse zur Scrambled Sentences Task (SST) durchgeführt, eine häufig verwendete Aufgabe zur Messung von dysfunktionalen Interpretationsprozessen. Die Ergebnisse deuten auf eine gute konvergente Validität und Reliabilität hin, wenn auch im Zusammenhang mit einer erheblichen Heterogenität. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass unsere Daten zusätzliche Beweise dafür liefern, dass panikbezogene Interpretationen, nicht aber Assoziationen, ein Korrelat und ein Prädiktor für panikrelevante Symptomatik sind. Dies ist eine wichtige Information, sowohl für die Verbesserung unserer theoretischen Modelle als auch unserer klinischen Interventionen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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