Phänomenologie und Metaphysik der Welt
Final Report Abstract
Ziel des Projekts ist es, junge Forscherinnen und Forscher zu vernetzen, die ein besonderes Interesse an Probleme der phänomenologischen Metaphysik teilen. Als Phänomenologie wird ein ab 1900 entwickeltes und bis in die Gegenwart verfolgtes Forschungsprogramm bezeichnet, das philosophische Probleme durch die Beschreibung konkreter Phänomene zu lösen sucht. Eine Philosophie der Wahrnehmung etwa sucht die Strukturen bewussten Wahrnehmens zu beschreiben, orientiert sich dabei an Sinnestäuschungen oder Synästhesien als Grenzfällen von Wahrnehmung und bezieht empirische Untersuchungen etwa der kognitiven Psychologie mit ein. Dieser Ansatz bei den Phänomenen lässt sich im Falle von Problemen der Metaphysik allerdings nicht in gleicher Weise operationalisieren. Denn während es ein intuitives Verständnis davon gibt, was für Phänomene für eine Philosophie der Wahrnehmung relevant sind, ist unklar, an welchen Phänomenen sich eine phänomenologische Metaphysik orientieren sollte. Philosoph:innen, die sich dem Forschungsprogramm der Phänomenologie verpflichten, haben auf diese Schwierigkeit typischerweise dadurch zu reagieren versucht, die Welt als Ausgangspunkt und Leitkategorie einer phänomenologischen Metaphysik zu präsentieren. Damit nimmt das methodische Problem einer beschreibenden Metaphysik jedoch eher eine andere Form an, als dass es gelöst würde - denn was ist ‚die Welt‘, an der sich eine mit phänomenologischer Methode betriebene Metaphysik orientieren soll? Antworten auf diese Frage stehen im Zentrum des Projekts. Denn der Weltbegriff eignet sich nicht nur als heuristischer Schlüssel, um die verzweigten Debatten, die sich schon wenige Jahre nach dem ersten Entwurf eines phänomenologischen Forschungsprogramms durch Edmund Husserl entspannen, auf eine Leitfrage hin zu systematisieren. Auch um Einzelprobleme der Metaphysik, etwa die Fragen nach der Bedeutung von Sein oder Existenz oder nach dem Wesen von Raum und Zeit, verweisen Phänomenolog:innen typischerweise auf das jeweils entwickelte Verständnis von ‚Welt‘. Das Projekt wurde von Nachwuchwissenschaftler:innen durchgeführt, die in einem dezentralen Netzwerk organisiert waren. Auf Arbeitstreffen wurden im Austausch mit externen Gästen Textentwürfe für ein umfangreiches Kompendium diskutiert, das den Forschungszusammenhang seit 1900 darstellt. Im Unterschied zu anderen Sammelwerken steht dabei in den einzelnen Beiträgen die systematische Rolle des Weltbegriffs für die untersuchten Autor:innen im Fokus. Neben Beiträgen zu metaphysischen Einzelproblemen ergibt sich von hier aus auch eine Antwort auf die metaphilosophische Frage nach der richtigen Methode und dem Ausgangspunkt einer phänomenologischen Metaphysik. Die Ergebnisse des Projekts liegen so gebündelt in einem Sammelwerk mit 22 Beiträgen von zwanzig Wissenschaftler:innen vor, das zum Standardwerk in diesem Bereich werden dürfte.
Publications
- Phänomenologische Metaphysik. Konturen eines Problems seit Husserl, Tübingen: Mohr Siebeck (UTB), 2020. 428 Seiten
Tobias Keiling (Hrsg.)