Sachlichkeit ist tödlich für das Wesen der Kunst. Funktionen der Debatte um Nieuwe Zakelijkheid im niederländischen literarischen Feld der Zwischenkriegszeit aus feldtheoretischer Perspektive
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt hat ergeben, dass unabhängig vom jeweiligen Kunstgebiet die Rezeption der Nieuwe Zakelijkheid in den niederländischen Kunstdebatten der Zwischenkriegszeit von negativen Werturteilen dominiert wird. Diese Urteile können als Positionierungsstrategie zur Stärkung der gerade erst errungenen relativen Feldautonomie analysiert werden, bei der es den Akteuren darum geht, die Grenzen des Kunstfeldes zu konturieren. Die Positionierungsstrategie äußert sich auf poetologischer wie auf institutioneller Ebene: Von den Wertmaßstäben einer idealistischen Ästhetik ausgehend, artikulieren die Akteure mit Hilfe eines negativen Urteils über die Nieuwe Zakelijkheid ihr professionelles Kunstverständnis. Dabei wird eine dokumentarische, technikaffine Ästhetik, die der Nieuwe Zakelijkheid zugeschrieben wird, vom Kunstfeld ebenso ausgeschlossen wie bestimmte Berufs- und Personengruppen (Journalisten, Fotografen, Ingenieure), die mit Nieuwe Zakelijkheid in Verbindung gebracht werden. Ein allgemeines Ergebnis des Projekts war die Erkenntnis, dass die Datenbank delpher und die Fülle des dort erschlossenen historischen journalistischen Materials ein bislang in der Niederlandistik noch zu wenig genutzte Quelle ist. Mittels der digitalisierten Zeitungen konnte eine umfassende und systematische Rezeptionsanalyse der Nieuwe Zakelijkheid erfolgen, die die Homogenität der zeitgenössischen Diskurse vor Augen führte, die gesamte Rezeptionsentwicklung (1925-1940) nachzuzeichnen vermochte und den Forschungsstand an verschiedenen Stellen korrigieren konnte. Insgesamt wurden für die Analysen knapp 930 Artikel ausgewertet, in denen der Begriff Neue Sachlichkeit und/oder Nieuwe Zakelijkheid auftauchte. Gleiches gilt für die im Rahmen des Projekts angelegte digitale Fachbibliographie. Sie verdeutlicht auf welchen Fachgebieten und in wie vielen Ländern die Neue Sachlichkeit zeitgenössisch diskutiert wurde. Der aus dem Projekt hervorgegangene Sammelband belegt die Produktivität des hier verfolgten Ansatzes für komparatistische Studien, indem er germanistische und niederlandistische Forschungsbeiträge zur Neuen Sachlichkeit in einen direkten Dialog bringen und auffallende Parallelen und Unterschiede in den jeweiligen Wissenschaftsdiskursen herausarbeiten konnte.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2016): ‘De journalist’. In: Erica van Boven & Pieter Verstraeten (Hrsg.): Schrijverstypen. De modern auteur tussen individu en collectief. Hilversum: Verloren, 117-129
Grüttemeier, Ralf
- (2019): ‘Grenscontroles in het Nederlandse literaire veld van het interbellum. De literatuurcriticus A.M. de Jong en de Nieuwe Zakelijkheid.’ In: Nederlandse Letterkunde 24, 3, 355-378
Janka Wagner/Ralf Grüttemeier
(Siehe online unter https://doi.org/10.5117/NEDLET2019.3.003.WAGN) - (2020): ‘„This is without a doubt the most despicable barbarism one could attain“ – Perspectives on Negative Reception of Nieuwe Zakelijkheid in Dutch Literary Criticism.‘ In: Realismen der Avantgarde. 6. Berlin: de Gruyter
Janka Wagner
(Siehe online unter https://doi.org/10.1515/9783110637533-032) - “Sachlichkeit ist tödlich für das Wesen der Kunst.” Funktionen der Debatte um Nieuwe Zakelijkheid im niederländischen Kunstfeld der Zwischenkriegszeit aus feldtheoretischer Perspektive. Diss. (Schriften aus dem Haus der Niederlande ; Bd. 7), ISBN 978-3-8405-1007-6
Janka Wagner