Gehirnaktivierung während automatischer und kontrollierter Reizverarbeitung vor und nach psychotherapeutischer Behandlung bei spezifischer Phobie
Final Report Abstract
Hauptziel des beantragten Forschungsprojektes war die Untersuchung neurobiologischer Grundlagen von Psychotherapieeffekten bei spezifischer Phobie, inbesondere während der automatischen Verarbeitung phobogener Stimuli. Für die Untersuchung dieser Fragen wurden Spinnenphobiker in einem Wartegruppendesign vor und nach einer Therapie untersucht. Zur Charakterisierung neuronaler Aktivierungen wurden bildgebende Verfahren (fMRT) und ereigniskorrelierte hirnelektrische Potentiale (EKP) herangezogen. Während die fMRT-Technik eine hervorragende räumliche Auflösung auch bzgl. subkortikaler Areale bietet, leisten die EKP-Analysen einen Beitrag zu Untersuchung schneller kortikaler Aktivierungsprozesse. Die Variation automatischer und kontrollierter Reizverarbeitung erfolgte dabei in getrennten Experimentalreihen zum einen durch die subliminale oder supraliminale Präsentation der Stimuli und zum anderen durch eine parametrische Distraktionsaufgabe. Die Therapie führte zu signifikanter Reduktion der Symptomatik bei der Therapiegruppe, die sich in Fragebögen, Stimulusratings, peripherphysiologischen Parametern und Verhaltensdaten nachweisen ließ. Die Analysen zeigten, nach absolvierter KVT, für alle Datenebenen eine signifikante Veränderung der Werte für die Therapiegruppe (im Sinne einer Normalisierung) im Vergleich zu den unbehandelten Probanden der Wartegruppe. Die einzige Ausnahme stellte lediglich die per Fragebogen gemessene Vigilanz gegenüber Spinnen dar. Diese blieb auch nach der Therapie unverändert hoch. Die Auswertung der neuronalen Daten zeigte zum ersten Meßzeitpunkt eine erhöhte Aktivierung der Amygdala und visueller Areale sowie gesteigerte frühe EKPs auf phobogene Reize bei den Phobikern im Vergleich zur Kontrollgruppe auch unter allen automatischen Verarbeitungsbedingungen. Die Aktivierung der Amygdala für den Kontrast Spinnenbilder vs. neutrale Bedingung bei Spinnenphobikern korrelierte spezifisch mit der Vigilanz für Spinnen. Dieser Befund stützt die Annahme, dass die Amygdala ein wichtiges Zentrum für bedrohungsassoziierte Vigilanzprozesse darstellt. Die Auswertung der Therapieeffekte ergab eine hohe Stabilität dieser Aktivierungen über die Zeit. So blieben die Amygdalaaktivierung im Distraktionsparadigma und die erhöhten frühen und teilweise späten Potentiale sowohl beim Distraktionsparadigma als auch beim subliminalen Paradigma erhalten. Im Zusammenhang mit dem Befund, dass sich die Vigilanz gegenüber Spinnen durch eine Therapie nicht ändert, deuten die Daten darauf hin, dass die automatischen neuronalen Antworten zum großen Teil diese erhöhte, therapieresistente Vigilanz widerspiegeln. Für das Distraktionsparadigma zeigte sich ein therapieinduzierter Effekt im ventromedialen präfrontalen Kortex. Die Teilnehmer der Therapiegruppe wiesen in diesem Areal eine erhöhte Aktivierung auf Spinnen vs. neutrale Stimuli nach der Therapie im Vergleich zur Wartegruppe auf. Dieser Effekt war unabhängig vom Ausmaß der Schwierigkeit der Distraktionsaufgabe. Damit bestätigen diese Befunde die Hypothese, dass Areale im ventromedialen präfrontalen Kortex an der Extinktion von Furchtreaktionen beteiligt sind. Dabei scheinen furchtassoziierte Netzwerke, die zu einer verstärkten Assoziation von bestimmten Reizen und furchtrelevanten, reflexiven Verhaltensantworten führen, nicht gelöscht, sondern u.a. durch kortiko-frontale Einflüsse, vor allem des ventromedialen präfrontalen Kortex, inhibiert werden. Dies scheint auch ein Mechanismus zumindest bei einigen Formen automatischer Verarbeitung von phobogenen Stimuli zu sein. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass trotz einer sehr effektiven Therapie der Spinnenphobie eine relativ automatische neuronale Hyperaktivierung auf phobiespezifische Stimuli erhalten bleibt, die jedoch gleichzeitig mit einer erhöhten Aktivierung ventromedialer Areale einhergeht, die dazu führen könnte, das die behandelten Personen offenbar Strategien und Verhaltenskompetenzen erwerben, um die Begegnung mit phobogenen Stimuli angemessen und ohne pathologisches Angstempfinden bewältigen zu können.
Publications
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