Plättchenhemmung in Brustschmerzpatienten mit positiven Troponinwerten, bei denen das Vorliegen eines akuten Koronarsyndroms ausgeschlossen werden konnte.
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Herz-Kreislauferkrankungen sind in der westlichen Welt weiterhin die häufigste Todesursache. Sie verursachen zudem die höchsten jährlichen Krankheitskosten und stellen damit eine große gesellschaftliche Belastung dar. Das akute Koronarsyndrom (ACS) ist ein Krankheitsbild, das vor allem durch erhöhte Blutwerte des kardialen Markers high sensitive (hs) Troponin diagnostiziert wird. Es ist aber unklar, ob bei Patienten mit akuten Beschwerden und erhöhten Troponin-Werten (oberhalb der 99. Perzentile), bei denen ein ACS ausgeschlossen wurde, eine Myokardischämie zugrunde liegt. Es gibt pathophysiologische Daten, die nahelegen, dass Troponinerhöhungen in derartigen Fällen auf Myokardischämien zurückgeführt werden kann, sodass diese Patienten ggf. von einer Therapie mit Plättchenhemmern profitieren würden. Unsere eigenen Daten zeigen, dass hs Troponin-Werte oberhalb der 99. Perzentile bei symptomatischen Patienten auch dann zukünftige kardiovaskuläre Events indizieren, wenn ein ACS ausgeschlossen wurde (Eventraten zwischen 15-22 % innerhalb von 180-450 Tagen in drei verschiedenen prospektiven Registern). Dennoch wird der Großteil dieser nicht-ACS-Patienten ohne weitere (spezifische oder präventive) Antiplättchen oder –lipid-Therapie aus dem Krankenhaus entlassen. Aus unseren multizentrischen Registerstudien lässt sich ableiten, dass hierzulande jährlich etwa 400.000 Personen betroffen sein könnten. Daher haben wir die Hypothese aufgestellt, dass Plättchenhemmung durch Gabe von Acetylsalicylsäure (ASA) und/oder Lipidsenkung durch Gabe von Statinen in dieser Patientenpopulation Plaquerupturen und darauffolgende Thrombenbildungen verhindern könnte. Eine Übernahme dieser Behandlung in den medizinischen Alltag wäre allerdings nur denkbar, wenn eine randomisierte Studie einen klaren klinischen Benefit für diese Patienten zeigen würde. Die GrayZone Studie war eine entsprechende, kontrollierte klinische Studie, in die bis zu 3000 Patienten aufgenommen werden sollten, die aufgrund von Brustschmerzen in der Notaufnahme vorstellig geworden sind, bei denen eine koronare Herzerkrankung und ein akutes Koronarsyndrom aber ausgeschlossen wurde. Diese Patienten sollten in einem 2*2 faktoriellem Design mit ASS und/oder Statin zusätzlich zur klinischen Standardmedikation behandelt, und die Ereignisrate nach 30 Monaten Studienlaufzeit ausgewertet werden. Der Studienstart im Februar 2020 wurde jedoch massiv durch den ersten COVID-19-bedingten Lockdown beeinträchtigt, der schlagartig und beispiellos das öffentliche Leben zum Erliegen brachte und die Durchführung klinischer Studien vor extreme Herausforderungen stellte. Zahlreiche industrielle und akademische Sponsoren kündigten im Sinne der Patienten- und Mitarbeitersicherheit Rekrutierungsstopps für Ihre Studien an. Die Rekrutierung in die GrayZone-Studie erwies sich als besonders schwierig, da insbesondere die Anzahl an kardiovaskulären Patienten, die in der Notaufnahme vorstellig werden, einbrach. Medidata berichtete, dass sich zu dieser Zeit die Anzahl an Studienteilnehmern zu über 75% verringerte, wobei der kardiovaskuläre Bereich mit bis zu 95% am stärksten betroffen war . Besonders ausgeprägt zeigte sich dieser Effekt bei Patienten mit geringem Krankheitsrisiko, und damit bei der Zielgruppe für die Präventionsstudie GrayZone. Da unser Studienziel unter diesen Voraussetzungen nicht vor 2027-2029 hätte erreicht werden können, wurde die GrayZone-Studie im Dezember 2021 mit einem Rekrutierungsstand von 68 Patienten vorzeitig beendet. Eine statistische Auswertung auf Wirksamkeit der medikamentösen Intervention war aufgrund der geringen Teilnehmerzahl nicht möglich. Die weiterhin hochaktuelle Fragestellung muss zukünftig mit in einem neuen, am ehesten dezentralen, Studienansatz untersucht werden (Evaluation im aktuellen EU-Call; dezentrale Studiendurchführung mit patienteneigener Mini-Blutabnahme im häuslichen Umfeld und hausärztlicher Betreuung; keine Studienvisiten vor Ort).
