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Tribunale. Kriegsverbrechenprozesse im sozialistischen Jugoslawien

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2016 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 319406156
 
Im Mittelpunkt dieses Projektantrages steht der jugoslawische strafrechtliche und narrative Umgang mit Kriegsverbrechen nach dem Zweiten Weltkrieg. Ziel ist es, aktuell dominierende einseitige Betrachtungen jugoslawischer Nachkriegsjustiz allein aus der Perspektive der Retribution zu überwinden. Bei den Nachkriegsprozessen ging es um weit mehr als darum, mit ehemaligen und zukünftigen Gegnern abzurechnen. Sie sollten zum einen der Bewältigung von Kriegs- und Bürgerkriegsfolgen dienen und die Integration der gespaltenen jugoslawischen Gesellschaft vorantreiben. Zum anderen waren die Militärgerichte das Experimentierfeld für die Erprobung und Entwicklung des Konzepts der revolutionären Justiz und des sozialistischen Strafrechts. Wie beeinflusste der Umgang mit Kriegsverbrechen die Neuformierung des Zweiten Jugoslawien?Bis zum Zweiten Weltkrieg partizipierten jugoslawische Rechtswissenschaftler an internationalen Diskussionen um die Entwicklung des Kriegsvölkerrechts. Während des Krieges beteiligte sich die Exilregierung in London an allen alliierten Initiativen zur Ahndung von NS-Verbrechen. Welchen Einfluss hatten jugoslawische Juristen bei der Entwicklung von Konzepten wie "crimes against humanity" und "crimes against peace"? Parallel kämpften im besetzten Jugoslawien die jugoslawischen Kommunisten nicht nur gegen die Besatzer sondern für eine Machtübernahme. Welche Bedeutung spielte dabei die Frage der Kriegsverbrechen? Die Strahlkraft des sowjetischen Vorbilds spielt dabei eine wichtige Rolle. Noch während des Krieges fand eine Rezeption der Ideen Aron Trainins und eine Aneignung des sowjetischen Strafrechts statt. Doch nach ihrer Integration in den Verband der Alliierten, übernahmen die jugoslawischen Kommunisten internationale Normen und integrierten sie in ihr Strafrecht. Im Fokus stehen daher unterschiedliche, zum Teil gleichzeitig ablaufende Entwicklungen: Der Übergang vom (Bürger-)Krieg zum Frieden, die kommunistische Machtübernahme, die Partizipation jugoslawischer Juristen an internationalen Diskussionen um das Völkerstrafrecht, die Entstehung neuer Institutionen zur Ahndung von Kriegsverbrechen und die Kriegsverbrecherprozesse selbst. Vor diesem Hintergrund wird das Projekt jugoslawische Kriegsverbrecherprozesse aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten: Welche Institutionen waren beteiligt? Wie funktionierte der Transfer von Wissen und rechtlichen Normen? Wer waren erste Angeklagten? Welche Bedeutung spielte die Erfahrung der Shoah? Folgten die Urteile bestimmten, vielleicht auch vom IMT gelegten Mustern? Und wie haben diese ersten Prozesse die jugoslawische Erinnerung an den WWI und an die Shoah geprägt.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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