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Angst bei Multipler Sklerose: Psychoneurobiologische Mechanismen, klinische Bedeutung, und Bezug zu anderen Stress-bezogenen neuropsychiatrischen Syndromen

Fachliche Zuordnung Biologische Psychiatrie
Klinische Neurologie; Neurochirurgie und Neuroradiologie
Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Förderung Förderung von 2016 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 320333215
 
Erstellungsjahr 2024

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die ZNS-Erkrankung Multiple Sklerose (MS) ist mit einer veränderten neuroimmunologischen Stressverarbeitung und stressbezogenen Syndromen wie Depressionen und Angst verbunden – Faktoren, die neurologische Symptome auch proaktiv modulieren können. Trotzdessen wurden die neuronalen Grundlagen dieser Faktoren bei MS bislang kaum untersucht. Daher haben wir zwei Projekte durchgeführt, die darauf abzielten, neuronale Prozesse von psychischem Stress und Depression (Projekt I) sowie von Angst (Projekt II) bei MS zu untersuchen, um ein besseres Verständnis der Rolle dieser Faktoren zu ermöglichen. In Projekt I untersuchten wir die Verarbeitung neuronalen Stresses mit einer funktionellen MRT-Aufgabe (fMRT), die Kopfrechnen und Leistungsfeedback umfasste bei 16 Personen mit MS (PmMS) und Depression, 26 PmMS ohne Depression und 28 gesunden Personen (GP; Experiment I). In Experiment II verwendeten wir eine fMRT-Emotionsregulationsaufgabe (ein Kerndefizit depressiver Patienten gemäß kognitivem Depressionsmodell). Experiment I zeigt, dass die neuronale Stressverarbeitung unterschiedlich mit der T-Zell- Stresshormonempfindlichkeit bei PmMS und GP zusammenhängt und dass das Ausmaß dieser Abweichung mit wichtigen neurologischen MS-Erkrankungsmaßen verknüpft ist. Experiment II zeigte, dass eine MS-Depression durch eine beeinträchtigte Emotionsregulation in der Amygdala und dem präfrontalen Kortex (PFC) gekennzeichnet ist, und dass diese Beeinträchtigung durch Läsionen in Amygdala – PFC-Trakten bei PmMS mit, aber nicht ohne Depression verstärkt wird. In Projekt II untersuchten wir bei 18 PmMS mit Angst, 36 PmMS ohne Angst und 29 GP neurologische- und Verhaltensprozesse zweier Mechanismen, die bei Personen ohne MS bedeutend zu Angst beitragen, indem wir ein fMRT-Furchtgeneralisierungtsparadigma (Experiment I) und ein fMRT Paradigma der Löschung von Furcht (Experiment II) durchführten. Bei diesen Pawlowschen Konditionierungsaufgaben wurde Furcht durch die Anwendung leichter Elektroschocks hervorgerufen, deren Intensität die Teilnehmern selbst in einer Kalibrierungssitzung bestimmten. In Bezug auf Furchtgeneralisierung zeigen die Ergebnisse, dass PmMS mit (vs. ohne) Angst Furcht auf Verhaltensebene übergeneralisieren und dass sich diese Unterschiede in einer veränderten Aktivität von Gehirnregionen der Sicherheits- und Furchverarbeitung widerspiegeln. In Bezug auf die Furchtlöschung zeigten PmMS mit Angst ein neuronales Verarbeitungsdefizit im ventromedialen präfrontalen Kortex, einer Gehirnegion, von der bekannt ist, dass sie Sicherheit signalisiert. Konkret signalisierte sie bei diesen Personen eine geringe Sicherheit bei Reizen, die früher, aktuell aber nicht mehr mit dem Schock assoziiert waren. Schließlich war beeinträchtigte Furchtverarbeitung m it einer strukturellen Hyperkonnektivität vor allem präfrontaler Bereiche bei MS verbunden. Zusammengenommen vertiefen die gewonnenen Erkenntnisse die Einblicke in die neuronalen Grundlagen von Stress, Depression und Angst bei MS erheblich, sie betonen nachdrücklich die Bedeutung psychobiologischer Prozesse für MS und plädieren gleichsam dafür, diese Prozesse mithilfe eines systembiologischen Ansatzes zu untersuchen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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