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Experten der Diplomatie. Die englischen Botschaftssekretäre im frühneuzeitlichen Istanbul

Antragsteller Dr. Florian Kühnel
Fachliche Zuordnung Frühneuzeitliche Geschichte
Förderung Förderung von 2016 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 320970041
 
Obwohl Diplomatie in der Frühen Neuzeit strukturell auf Funktionsträger unterhalb des Botschafterrangs angewiesen war, waren solche 'subalternen Akteure' bisher kaum Gegenstand historischer Forschung. Um dem kollektiven Charakter frühneuzeitlicher Diplomatie gerecht zu werden, untersucht das Projekt demgegenüber dezidiert das komplexe Zusammenwirken von adligen Botschaftern mit ihren Untergebenen im diplomatischen Alltag. Zu diesem Zweck wird mit den Botschaftssekretären eine Gruppe von Akteuren in den Blick genommen, die an der Schnittstelle von Diplomatie- und Verwaltungsebene agierte. Botschaftssekretäre mussten über umfangreiches Wissen über den Alltag und die Verwaltung von Diplomatie verfügen, da ihre hochadeligen Vorgesetzten bürokratisch oft nur wenig geschult waren. Sie können daher als 'Experten der Diplomatie' bezeichnet werden.Die diplomatischen Alltags- und Verwaltungspraktiken subalterner Beamter, so eine Ausgangsüberlegung, lassen sich besonders gut in einem interkulturellen Kontext untersuchen. Denn Diplomatie war gerade dort auf das Wissen von Experten angewiesen, wo sie außerhalb der europäischen Fürstengesellschaft stattfand und die vertrauten höfischen Regeln keine Geltung besaßen. Neben administrativem Sonderwissen mussten Botschaftssekretäre hier auch über kulturelles Sonderwissen verfügen bzw. als Makler kulturellen Wissens fungieren. Zudem senkte die interkulturelle Situation die Thematisierungsschwellen innerhalb der Verwaltung und beförderte somit die Produktion von Quellen.Ausgangspunkt des Projekts ist Thomas Coke, der Ende des 17. Jahrhunderts für über 20 Jahre Sekretär der englischen Botschaft in Istanbul war. Die in seinem Fall außergewöhnlich dichte Quellenüberlieferung macht es möglich, das sonst oft nur schlecht überlieferte diplomatische Amtshandeln subalterner Funktionsträger nachzuvollziehen. Indem das Projekt Diplomatie- und Verwaltungsgeschichte in einer praxeologischen Perspektive zusammenführt, verfolgt es drei Ziele: 1. wird die historisch spezifische Rolle Thomas Cokes als Botschaftssekretär in der englischen Diplomatie in Istanbul am Ende des 17. Jahrhunderts rekonstruiert; 2. wird ausgehend von dieser 'biographischen Sonde' die allgemeine Bedeutung von Botschaftssekretären in Istanbul als 'Experten der Diplomatie' untersucht (v. a. durch die Einbeziehung kontextualisierender Beispiele); 3. werden anhand der Verhältnisse in Istanbul die allgemeinen Wandlungsprozesse der diplomatischen Kultur im 17. Jahrhundert diskutiert und danach gefragt, inwiefern sich von einer zunehmenden Professionalisierung der Diplomatie in dieser Zeit sprechen lässt.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Mitverantwortlich Professor Dr. Peter Burschel
 
 

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