Detailseite
Projekt Druckansicht

Das Dorf Christi. Institutionentheoretische und funktionshistorische Perspektiven auf Oberammergau und sein Passionsspiel im 19. bis 21. Jahrhundert

Antragstellerinnen / Antragsteller Privatdozent Dr. Jan Mohr; Professorin Dr. Julia Stenzel
Fachliche Zuordnung Theater- und Medienwissenschaften
Ethnologie und Europäische Ethnologie
Germanistische Mediävistik (Ältere deutsche Literatur)
Förderung Förderung von 2016 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 321044634
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Oberammergauer Passionsspiel geht auf ein Pestgelübde im Jahr 1633 zurück und wird seither in beispielloser Kontinuität alle zehn Jahre aufgeführt. Trotz massiver soziohistorischer Verschiebungen und Brüche, grundlegender Umarbeitungen, ja Neuschreibungen des Spieltextes und topologischer Umordnungen beruft sich die Gemeinde Oberammergau heute auf eine bald 400jährige Geschichte, die dieses eine Passionsspiel als singulär im Feld vergleichbarer Traditionen im alpenländischen Raum markiert: Oberammergau als ‚das‘ Passionsspiel ist zum Vorbild geworden für den frühen narrativen Film ebenso für die Neubegründung einer Passionsspieltradition in den USA, es wurde zum Modell für ein authentisches Volkstheater ebenso wie für die Thingspiele im Nationalsozialismus. Das interdisziplinär in Germanistik, Theaterwissenschaft und Ethnologie verortete Projekt untersucht diese spannungsreiche Konstellation mit einem Set disziplinär spezifischer Methoden, ergänzt durch transdisziplinäre Ansätze. Folie der gemeinsamen Arbeit ist ein Modell von Institutionalität, das, zunächst bezogen aus der soziologischen Institutionenforschung, um eine historiographische und eine ästhetische Perspektive ergänzt wird: Wie kann Oberammergau als Institution seine Singularität behaupten, welche spezifischen Ästhetiken, Raumordnungen und Dispositive tragen dazu bei, dass sein Passionsspiel einerseits als traditionsstabilisierend, andererseits als offen auf eine Zukunft jenseits des katholischen Gelübdespiels wahrgenommen wird? Dazu verhandelt es die Raum- und Zeitordnungen des Dorfes, seines Theaters und seines Umlands sowie die Reisediskurse und -dispositive von Oberammergau; es untersucht die Hybridisierungen des Spiels und die Heterogenität seiner Schau- und Spielkollektive seit dem 19. Jh. und die literarische Produktivität des Oberammergau-Phänomens. Ein besonderer Fokus gilt der Materialität der in die Spielproduktion eingebundenen Körper und Dinge und ihrer Auratisierung in einer Souvenir-Ökonomie. Mit den ‚Dingen der Passion‘ rücken schließlich auch Politiken der Selbstarchivierung und Selbstpräsentation der Spielgemeinde in den Blick, die Konsistenz und Stabilität suggerieren, aber immer wieder anders in Narrative und in performative Zusammenhänge eingebunden sind.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung