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Rechtsfragen der Aufarbeitung schwerster Völkerrechtsverbrechen durch nationale Strafgerichte in Serbien und Bosnien und Herzegowina; mit Schwerpunkt auf Fragen der individuellen strafrechtlichen Verantwortung für Verbrechen und der Strafzumessung

Fachliche Zuordnung Strafrecht
Förderung Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 321941942
 
Im Zentrum des Projekts steht die Analyse von Strafurteilen der Strafgerichte in Serbien und Bosnien und Herzegowina über Völkerrechtsverbrechen aus der Zeit des Bürgerkriegs von 1991-1995. Analysiert werden Täterschafts- und Teilnahmestrukturen, begleitet von einer systematischen Aufschlüsselung der individuellen Strafzumessung. Der Fokus liegt auf Strafurteilen, die sich mit komplexen Täterschafts- und Teilnahmeszenarien befassen, insbesondere mit Tätern, die aus einem verbrecherischen Kollektiv heraus agiert haben oder deren Handeln sich fördernd auf die Verbrechensbegehung durch ein Täterkollektiv ausgewirkt hat. Das Projekt setzt sich anhand dieser nationalen Strafurteile mit den traditionellen und die neuen völkerstrafrechtlichen Zurechnungsmodalitäten (dort insbesondere Joint Criminal Enterprise und Command Responsibility) auseinander. Untersucht werden soll insbesondere, ob(i) die im Völkergewohnheitsrecht entwickelten Zurechnungsformen im nationalen Recht als menschenrechtlich und verfassungsrechtlich legitim anerkannt werden;(ii) ob die im nationalen Strafrecht traditionell zur Verfügung stehenden Zurechnungsmodalitäten überhaupt ausreichen, um das Unrecht der Beteiligung an großdimensionierten Völkerrechtsverbrechen in all ihren wesentlichen Unrechtselementen abzubilden, und(iii) wie eine Post-Konflikt-Gesellschaft das Unrecht individuellen Verhaltens in makrokriminellen Kontexten bewertet.Im Zentrum der Untersuchung steht das Gericht für Bosnien und Herzegowina, dessen Abteilung I (die Sonderabteilung für Kriegsverbrechen) als einziges Gericht in der Region die im Völkergewohnheitsrecht entwickelten besonderen Zurechnungsmodalitäten wie Joint Criminal Enterprise oder Command Responsibility zur Anwendung bringt (wenn auch momentan nur noch für den Tatbestand der Verbrechen gegen die Menschlichkeit).Die Untersuchung der Täterschafts- und Teilnahmekonstellationen bezweckt, den Teil der komplexen Unrechtszusammenhänge im jugoslawischen Bürgerkrieg von 1991-1995 zu beleuchten, der gegenwärtig für die kriminologische Forschung von besonderer Bedeutung ist. Die Kriminologie versucht momentan, verschiedene Erklärungsansätze für die Entstehung staatlicher Makrokriminalität auf der Makro-, Meso- und Mikroebene zusammenzufügen, um ein Gesamtbild vom Völkerrechtsverbrechen als Prozess zu entwickeln. Zu diesem Bild gehören der Situationsrahmen der Tat ebenso wie die Frage, wie sich individuelles Verhalten in einen größeren Unrechtskontext einfügt und welches Unrecht dem einzelnen aufgrund seines individuellen Beitrags zuzuschreiben ist.Für diese Untersuchung werden die größtenteils online verfügbaren Urteile der Strafgerichte, insbesondere des Gerichts für Bosnien und Herzegowina, in Auszügen übersetzt. Die Abschnitte zu Täterschaft und Teilnahme und zur individuellen Strafzumessung werden systematisiert in Tabellen ausgewertet. Es werden Interviews mit Rechtspraktikern geführt. Ein Musterformular zur Strafzumessung wird entwickelt.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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