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Doing Popular Culture. Zur performativen Konstruktion der Gothic Szene
Antragsteller
Professor Dr. Markus Tauschek
Fachliche Zuordnung
Ethnologie und Europäische Ethnologie
Förderung
Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 325269992
Die Herausbildung von Szenen, so eine grundlegende Erkenntnis der interdisziplinären Szeneforschung, basiert auf tiefgreifenden sozialstrukturellen und kulturellen Transformationsprozessen. Durch Individualisierung und Pluralisierung verfügen soziale Akteure heute über eine Vielzahl von Handlungsoptionen, die u.a. mit neuen Formen der Vergesellschaftung verbunden sind. Die Entstehung der Gothic-Szene Ende der 1970er Jahre kann als geradezu paradigmatisches Beispiel für diese neuen Formen der Vergesellschaftung gelten. Die Gothic-Szene ist ein überaus komplexes Netzwerk von Akteuren, das u.a. durch die gemeinsame Berufung auf die Farbe schwarz, durch den Konsum ausdifferenzierter Musikstile, durch ein spezifisches Repertoire materieller Kultur, die Nutzung ästhetischer Codes und durch die Aushandlung spezifischer Weltdeutungen und Lebensstile performativ und diskursiv stabilisiert wird. Eine besondere Bedeutung spielen hierbei die populärkulturellen Events der Szene, die entsprechend medien- und kulturindustriell formatiert sind, wodurch spezifische Handlungsoptionen normativ vorgegeben sind, die aber auch Räume kreativer und eigenwilliger Aneignung bereitstellen. Hier setzt das Projekt zur performativen Herstellung der Gothic-Szene an, indem es akteurszentriert am Beispiel dreier Festivals in Leipzig, Köln und Hildesheim danach fragt, wie sich in spezifischen performativen, materialen und symbolischen Rahmen mit den jeweiligen Eigenlogiken und in unterschiedlichen, kulturindustriell formatierten Settings ein Netzwerk sozialer Akteure interaktiv und kommunikativ konstituiert, reproduziert und transformiert. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Bedeutung körperlicher und sinnlich-emotionaler Erfahrungen, die mit entsprechenden Selbstdeutungen und Narrationen verbunden sind. Zentrales Ziel ist es, einen performanzorientierten Beitrag zur Herstellung und permanenten Transformation von Szenen im Rahmen der untersuchten Festivals, die das Projekt als hybride Assemblagen konzeptualisiert, zu liefern. In dieser Perspektivierung formuliert das Projekt darüber hinaus einen kulturwissenschaftlichen Beitrag zum Verständnis gegenwärtiger gesellschaftlicher Subjektivierungs- und Pluralisierungsprozesse, die sich insbesondere auch in Szenen materialisieren. Auf einer konzeptionellen Ebene trägt das Projekt einerseits zur Theorie des Festivals oder Events und andererseits zur Weiterentwicklung praxistheoretischer Ansätze in der ethnographisch ausgerichteten, vergleichenden Kulturanalyse bei.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen